Donnerstag, 8. September 2016

Rohstoff-Imperialismus ?
J.M. 19.2.11


Imperialistisches Posieren und Anti-Imperialistische Aufregung
Kürzlich hat Verteidigungsminister Guttenberg den Zusammenhang von Aufgaben der Bundeswehr und Wirtschaftsinteressen der BRD angesprochen. Nach Zeitungsmeldungen hat er u. a. gesagt:
"Die Sicherung der Handelswege und der Rohstoffquellen sind ohne Zweifel unter militärischen und globalstrategischen Gesichtspunkten zu betrachten".
Als „unverklemmte“ Offenlegung der politischen Wahrheit, so wurden diese Äußerungen von linken Kritikern bewertet, so P. Strutynski in der UZ v. 19.11.10 und H. Schui in der JW. V. 3.12.10, und sie haben vor einem Rohstoffimperialismus mit deutscher Beteiligung gewarnt.
Wenn man sich darüber klar werden will, ob es sich bei den skandalisierten Äußerungen Guttenbergs, sowie dem tatsächlichen gezielten Umbau der Bundeswehr für Auslandseinsätze wirklich um die Anmeldung deutscher imperialistischer Rohstoffambitionen handelt, dann sind dreierlei Erkundungen erforderlich: ökonomische Interessen der Beteiligten, geographisch-geologische Erkundungen der Verteilung der Rohstoffe und politisch-militärische der Interessenlagen und Kräfteverhältnisse.


1. Mögliche strategische Rohstoffinteressen der großen Mächte
Unter welchen Umständen sollten Lieferanten von Rohstoffen, seien es Staaten mit ihren Staatskonzernen oder private Kapitalgesellschaften und ihre Eigentümer, ein Interesse daran entwickeln, ganz bestimmten Käufern, einzelnen Konzernen oder Gruppen bestimmter fremder Staaten, ihre Rohstoffe nicht zu verkaufen, wenn die Preise stimmen? Der cash aus dem Verkauf und der Gewinn daraus, bisher in US-Dollar, ist doch das zentrale ökonomische Interesse der Lieferanten.
Von Seiten der Lieferanten ist ein Embargo beim Erdöl und auch beim Erdgas auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. Dafür fehlen sowohl die Einzelinteressen als auch deren Gemeinsamkeit bei den beteiligten Lieferanten, den Konzernen und Staaten. Das gilt auch für Hartkohle (unterschieden von der Weich(Braun-)kohle). Bei allen anderen Massenrohstoffen sieht es ähnlich aus. Denkbares Ziel eines Embargos könnten vor allem die entwickelten kapitalistischen Länder Europas, sowie Japan, Südkorea und Taiwan als Standorte der Industrieverbraucher sein, die kaum über eigene Rohstoffe verfügen. Die USA und Kanada, in Maßen Mexiko, China, Rußland, Brasilien, Australien und Südafrika haben jeweils ein großes Spektrum an eigenen Rohstoffen, aus denen sie sich versorgen können oder die sie im Austausch anbieten könnten. Für Indien ist die Lage differenziert – bisher aber ist der Verbrauch noch gering und die Eigenversorgung teilweise ausreichend –bei Erdöl oder Erdgas bisher jedoch nicht.
Aneignungsinteressen von Staaten außerhalb der Förderländer zu eigenen politischen, ökonomischen oder militärischen Zwecken, die nicht nur im eigenen Verbrauch liegen müssen, kann man nicht prinzipiell ausschließen. Aneignungsinteressen könnten sich auf die Sicherung der Versorgung für die eigene Industrie, die eigene Bevölkerung oder das eigene Militär beziehen –was unterstellt, dass es eine unzureichende Versorgung oder eine Bedrohung dafür geben könnte.
Vielen Imperialismuskritikern scheint dieses Szenario im Zusammenhang mit den Ölreserven, die durch den Verbrauch drastisch geringer werden, vor Augen zu stehen. Und es gewinnt noch Gewicht mit dem Hinweise auf das Fördermaximum – Peak-Oil - das entweder schon gewesenen ist oder demnächst eintreten wird. Darauf soll weiter unten noch eingegangen werden.
Ein Aneignungsinteresse von Staaten könnte sich ebenso auch auf die Vorenthaltung der Versorgung für die Bevölkerung, die Industrie oder das Militär anderer Staaten richten, entweder als automatische Wirkung der eigenen Privilegierung oder unabhängig davon. Es könnte sich auch auf die preisgünstige Versorgung des eigenen Binnenmarktes oder eine ungünstige für andere Parteien richten, also Konsum- oder Geschäftsinteressen fördern oder behindern.
Die exklusive Aneignung von Rohstoffen durch Staaten mit dem Ziel der Privilegierung oder eines Embargo gegen andere setzt voraus eine politisch-militärische Kontrolle der Hauptmasse der Förderung, ob nun bei Öl, Gas, Kohle oder anderen Industrierohstoffen. Das ist ein geographisch-militärisches Problem.


2. Mögliche Rohstoffinteressen der großen Konzerne
Ein Aneignungsinteresse von kapitalistischen Konzernen, Förderern, Eigentümern von Reserven, Verarbeitern, Transporteuren oder kommerziellen Verbrauchern liegt auf der Hand: Vergrößerung des Geschäftsfeldes und damit der Profitmassen sowie der Marktmacht bei Ein- und Verkauf, und damit auch der Profitrate. Kurz, es ginge um die Gewinnung von Monopolmacht und Monopolprofiten (Monopol, auf den Markt bezogen, strukturell und nicht absolut verstanden, also die üblicherweise vorhandenen Oligopole einschließend).
Die kommerzielle Durchsetzung einer Monopolstellung für Monopolprofite bei Rohstoffen setzt ökonomische Bedingungen voraus, die weltpolitisch durchgesetzt sein müssen: die freie kommerzielle Verfügbarkeit der Förderung und der Lagerstätten in den entsprechenden Ländern und der Stoffe auf dem gesamten Weltmarkt. Das haben die USA teils schon vor und dann mit dem II Weltkrieg zu erreichen versucht. Aber trotz vieler Putsche und einiger Militärinterventionen und auch richtigen Kriegen konnten sie die sukzessive Nationalisierung des Erdöls im Nahen Osten und auch in Lateinamerika nicht verhindern – ob ihnen die Reprivatisierung im Irak gelungen ist, bleibt noch unklar. Auf jeden Fall ist der Versuch in der SU, durch die innere Zersetzung des Staates in Rußland unter Jelzin, das Öl für die anglo-amerikanischen Konzerne verfügbar zu machen, misslungen: mit der Abservierung von Chodorkowski und der Auflösung von Yukos unter der Präsidentschaft Putins.
Auch für die ökonomische Monopolisierung für die Durchsetzung von Monopolpreisen ist die Verfügung über die Hauptmasse der Förderung im jeweiligen Rohstoffzweig erforderlich. Dagegen ist für die Aneignung eines großen Teils der Rente aus der Förderung von Rohstoffen nur die Aneignung eines großen Teiles jener Förderungen erforderlich, die mit der größten Rentenspanne erfolgt, als Quell für Extraprofite. (Rente ist kein Monopolpreis, sondern die Differenz zwischen niedrigen und hohen Förderkosten in Relation zum Marktpreis). i


3. Ökonomische und geographische Umstände für strategisch-militärische Kalküle und kriegerische Aktionen
Voraussetzung für alles ist allerdings eine hinreichend große weltweite Militärmacht, die nicht erfolgreich bekämpft werden kann. Es liegt auf der Hand, dass so etwas heute und in absehbarer Zeit nur von den USA allein, unter Duldung oder Mithilfe ihrer Verbündeten in Europa und Asien und dem Stillhalten vor allem von Russland und China (Atomrüstung, Vetorecht im Sicherheitsrat der UNO) ins Werk zu setzen wäre. Die EU als Ganzes, ob für gemeinsame Interessen oder unfreiwillig für ihre dominanten Länder BRD und Frankreich, hat keine von den USA unabhängige Kapazität gegenüber der Gesamtheit der Förderländer – in Konfrontation zu den USA schon gar nicht. Für die einzelnen Länder Europas stehen solche Möglichkeiten außerhalb des Vorstellbaren. Entsprechende Träume, z.B. in der BRD, wären nur skurril – oder Propaganda.
Eine staatlich-militärisch unterstützte Monopolisierung von Rohstoffförderungen oder auch die Aneignung der Förderungen und Lagerstätten mit den größten Rentenspannen für Geschäftsinteressen müssen genügend Profitmasse und sehr große Profitraten versprechen, damit der politische Apparat in den USA in diese Richtung dirigiert werden kann, also die „Think-Tanks“, die Medien und die Parteien für die Stimmungsmache bezahlt und die Wahl entsprechender Präsidenten und die passenden Mehrheiten im Kongress organisiert werden können.
Praktisch gewendet, bleibt die Frage, welche ökonomischen Interessen oder welches geostrategische Kalkül die USA mit den drei Kriegen (Irak gegen Iran und die zwei gegen Irak) am persischen Golf verfolgt haben: Billiges Öl, Versorgungssicherheit, Embargo, kommerzielle Monopolisierung oder Aneignung der großen Ölrenten. Auf jeden Fall ist das Öl mit den Kriegen teurer geworden – und daher die Profite der Konzerne größer.
Zunächst müssen wir noch das Argument der US-Vorsorge bezüglich des knapper werdenden Erdöls behandeln, das vielen Linken so einleuchtend erscheint. Allgemein ist es natürlich so, dass die Verteilung von knappen Ressourcen, wenn sie für den Markt produziert werden, nach dem Preis vor sich geht: wer zahlen kann, der bekommt es, bei übersteigender Nachfrage steigt der Preis und einige Nachfrager wollen und können dann nur weniger kaufen oder steigen aus. Das regelt sich zum Teil auch an der Tankstelle! Natürlich erzeugt die relative Dringlichkeit der Versorgung, ob bei Konzernen, Staaten oder Konsumenten, die Bereitschaft höhere Preise zu zahlen, als bei geringerer Zwangslage bei den anderen Nachfragern. Allerdings läuft auch das auf die Fähigkeit zur Zahlung hinaus. Jetzt und auch noch in naher Zukunft sind die Nachfrager aus den USA mit Sicherheit diejenigen, die in der Welt die höchsten Preise würden zahlen können – vielleicht durchaus bei geringeren Mengen, wenn die Steuern erhöht werden oder die Krise strukturell bleibt. Der US-Staat würde zudem bei Knappheit das erforderliche Öl für sein Militär aus den eigenen Reserven oder auf dem Markt besorgen – egal wie hoch der Preis wäre.
Wie sähe ein Szenario aus, wenn das Öl knapp würde, der Verbrauch verringert werden müsste, die industrielle Weltproduktion und der Welthandel wahrscheinlich schrumpfen würden, und die USA mit militärischem Zugriff versuchen würden die eigene Versorgung zu sichern? Die militärische Strategie zur Sicherung würde natürlich den erforderlichen enormen Einsatz an militärischen und sonstigen Ressourcen möglichst klein halten müssen: kleinste geographische Entfernung und Streuung und geringste Stärke der potentiellen Gegner. Die Ziele wären entsprechend Mexiko, Kanada, Venezuela, evt. Brasilien und dann Westafrika mit Nigeria und Angola – aber nicht der Nahe Osten, der von den USA maximal weit weg ist, und schon jetzt viele Gegner umfasst, die man militärisch nicht im Griff hat und viele, die dazu kommen könnten.
Der jetzige Nah-Ost-Einsatz kann also keinem vernünftigen geopolitischen Kalkül der Versorgungssicherheit oder günstigen Preisen für knapp werdendes Öl entsprechen – wobei Unvernunft und Kurzsichtigkeit der US-Regierungsapparate natürlich nicht ausgeschlossen werden können. ii
Halten wir also fest, dass es im Allgemeinen keine ökonomischen Motive für die Produzenten von Rohstoffen gibt, ihre Produkte dem Weltmarkt oder einzelnen Nachfragern vorzuenthalten, es sei denn für den eigenen, politisch abzusichernden Bedarf. Entsprechend gibt es auch bei den Abnehmern keine ökonomischen Gründe, ihren Bedarf am Weltmarkt vorbei mit militärischen Mitteln zu befriedigen. Es sei denn, sie könnten daraus Monopolprofite erlangen. Das könnte bei Rohstoffen entweder nur aus der Beherrschung des größten Teils der Förderungen und Lagerstätten und daraus zu diktierenden Monopolpreisen resultieren, oder aus der großen Rentenspanne sogar nur einer einzigen sehr großen Lagerstätte, die schon allein sehr große Gewinne verspräche.


4. Die Verteilung der nicht energetischen Rohstoffe und der Kohle in der Welt
Als Nächstes wäre also die geographische Monopolisierbarkeit und damit die Möglichkeit der militärischen Aneignung zu prüfen.
Die größten Lagerstätten für die nicht energetischen Massenrohstoffe, aber auch für die selteneren, sind über die Hauptförderländer verteilt: China, USA, Australien, Südafrika, Kanada, Südamerika und für einige Stoffe auch das mittlere Afrika und Indonesien. Viele andere Gebiete haben ebenfalls bei diesem oder jenem Rohstoff größere Vorkommen, wie z.B. bei Bauxit für Leichtmetall.
Die meisten Vorkommen für die „westlichen“ Abnehmer in den entwickelten kapitalistischen Staaten liegen also politisch, ökonomisch und militärisch in Gebieten und Staaten, die selber zum sog. Westen gehören oder von ihm abhängen. Das gilt für die USA selber, für Kanada, wohl auch für Mexiko, für Australien und für Südafrika. Chile und Peru, sind zu klein für Eigenständigkeit und Widerstand und haben jetzt schon eher willfährige Regierungen. Auch Indonesien dürfte im Einflussgebiet des Westens liegen.
Indien hat keine besonders großen und verschiedenartigen Rohstoffe, außer Kohle und ist politisch wegen seiner Größe nicht unmittelbar abhängig vom sog. Westen. Brasilien und Russland haben ebenfalls eine gewisse Eigenständigkeit aufgrund ihrer Größe und dazu eine gewisse ökonomische Selbständigkeit und sind nur bedingt druckempfindlich. Wobei allerdings Russland mehr und Brasilien weniger auf den Rohstoff-Export für ihre Deviseneinnahmen angewiesen sind. Die industrielle Wertschöpfung ist bei beiden, gemessen an Europa, den USA oder Japan noch relativ klein. Russland ist wegen seiner strategischen Atomrüstung faktisch unangreifbar. Abgesehen davon macht die Größe des Landes militärische Landoperationen im Westen illusorisch und im Osten politisch bisher unmöglich - Ostsibirien grenzt an Nordchina. China ist im Moment beim Handel noch vom sog. Westen abhängig, sowie gegenwärtig und perspektivisch zunehmend erheblich von Rohstoffeinfuhren z.B. aus Australien und Brasilien - obgleich es bei sehr vielen Stoffen über sehr große Lagerstätten verfügt.
Die Lagerstätten von Hartkohle befinden sich hauptsächlich in den USA und in China, in Au-stralien, Südafrika, Russland, Indonesien und Polen. Die USA und China verbrauchen fast alles selbst, ebenso wie beim eigenen Erdöl und Erdgas, Rußland verbraucht den größten Teil der Kohle ebenfalls selbst. Auch Indien verbraucht die recht große eigene Kohleförderung selbst. Die größten Kohlereserven haben die USA, danach folgt China. Die gesamten Kohlereserven der Welt sind vom Energiegehalt her größer als die gesamten Öl- und Gasreserven zusammen. Auch das Uran ist über einige Fundorte in der Welt verteilt.


5. Die Rohstoffkonzerne
Neben den geologischen und geostrategischen Eigenschaften der Länder spielen auch die Eigentumsverhältnisse der Rohstoffunternehmen eine Rolle bei den Interessenlagen der Beteiligten. Es ist ein großer Unterschied, ob die Unternehmen staatlich sind und so potentiell gesellschaftlichen Interessen dienen können, oder ob es sich um private Kapitalgesellschaften handelt, die entweder von Kapital aus dem Inland oder aus den kap. Zentren, oder von beiden finanziert werden. Die erneute Verpflichtung von Venezuelas Staatskonzern auf gesellschaftliche Interessen durch die Regierung und die daraufhin erfolgenden Rückzüge der großen privaten Ölkonzerne aus Venezuela illustrieren mit den begleitenden politischen Pressionen und Putschversuchen diesen Zusammenhang.
Die fördernden, transportierenden, verarbeitenden und verkaufenden Unternehmen von Rohstoffen, z. T. einschließlich großer Förderungen und Reserven von Hartkohle (nicht von Erdöl und Erdgas) sind vier bis fünf große internationale Rohstoffkonglomerate, die den größten Teil der Produktion und des Welthandels bei Rohstoffen abwickeln: Die brasilianische Vale (dominant bei Eisenerz aus brasilianischer Förderung), die englisch-australische Rio-Tinto, die englisch-australische BHP-Billiton, die südafrikanisch-englische Anglo-American und der Rohstoffgroßhändler und weltweiter Mineneigentümer Glencoe, inzwischen größter Aktionär bei Xstrata, einem weiteren Minenkonzern, beide mit Sitz in der Schweiz. Dazu einige spezialisierte Konzerne, meist mit dem Schwerpunkt auf einem Rohstoff und in einem Land, wie z.B.: Nickel (Norilsk, Rußland), Kupfer (Codelco, Chile) und Leichtmetall (Rusal, Russland; Alcoa, USA). Die ökonomische Größenordnung der drei anfangs genannten großen Konzerne bewegt sich bei Umsätzen um 50 Mrd. Dollar, die Zahl der Beschäftigten von unter 50 bis unter 100 Tausend, bei maximalen Börsenkapitalisierungen von 150 Mrd. und bei Gewinnen von höchstens 10 Mrd. Dollar in den Vorkrisenjahren – sehr große Konzerne also, aber nicht die Weltspitze. Wobei sich das Fusions-Karussell seit Jahren heftig dreht.
Es gibt also im Bereich der nicht-energetischen Massen-Industrierohstoffe (einschließlich Hartkohle) weder bei der Förderung, bei der Verfügbarkeit, bei den Lagerstätten, bei den Produzenten oder der Verteilung, noch bei den Preisen eine Notwendigkeit oder auch nur eine Chance für eine imperialistische Sicherung, Aneignung oder Monopolisierung der Rohstoffe, selbst für große Abnehmer oder Produzenten wie USA, China oder Russland nicht - von deutschen Nachfragern einzeln oder als Einkaufskartell, von der BRD-Regierung diplomatisch oder militärisch gar nicht zu reden.
Die Rentenspannen sind bei den meisten nicht energetischen Rohstoffen (auch bei Hartkohle) sehr viel kleiner als beim Öl, fast überall wird in großen Tagebauen abgebaut. Und zudem gibt es nur wenige Stoffe, wo wirklich sehr große Vorkommen auf kleinem Raum konzentriert sind und alle anderen klein und verstreut wären. Daher wären auch die möglichen Summen aus eventuellen künftigen Renten ziemlich klein, die man mit militärischen Maßnahmen aneignen könnte.
Ein Embargo aus politischen Gründen, z.B. zur Schädigung von Konkurrenten oder zur Ausschaltung von Gegnern, stellt noch schärfere Bedingungen und ist daher auszuschließen – außer durch die USA gegenüber einzelnen isolierbaren Staaten, wie Kuba und Iran. Aber das hat bisher sogar bei diesen beiden seine Grenzen.


6. Verteilung und Aneignung von Erdöl und Erdgas
Bei den Energierohstoffen Erdöl und Erdgas liegen die Dinge, was die geographische Verteilung angeht etwas anders. Die größte Förderung von Erdöl findet sich in Russland, dicht gefolgt von Saudi-Arabien. Die mit Abstand größten Reserven liegen dagegen in Saudi Arabien, und dann jeweils etwa halb so viel im Iran und Irak, sowie in Kuweit und den Emiraten und dann mit etwas Abstand in Russland. Davon wiederum etwa halb so viel haben Libyen, Nigeria, Venezuela, USA und Kasachstan. Dann folgen mit Abstand Mexiko, Brasilien, China, Katar, Angola und Algerien und danach noch einige recht kleine Lagerstätten in anderen Ländern. Auch wenn sich die größte sowie die vier nächst größeren Lagerstätten rund um den Persischen Golf gruppieren, so sind doch große aktuelle Förderungen und in Summe auch große Reserven weit weg davon in anderen Gegenden der Erde verteilt.
Für eine aktuelle Monopolisierung der Erdölförderung, aus ökonomischen oder auch aus strategischen Gründen, müssten z.B. die USA oder „der Westen“ außer dem persischen Golf einschließlich Iran, noch die Region des kaspischen Meeres selbst und jene nordöstlich davon, Nord- und West-Afrika, Mexiko und Venezuela, künftig auch Brasilien, die USA selbst einschließlich Alaska, die Nordsee und vor allem Russland in den (militärischen) Griff bekommen. Das ist selbst für die USA, auch zusammen mit ihren Verbündeten, völlig ausgeschlossen.
Die drei, vier sehr großen Gasvorkommen liegen weit auseinander, bilden aber den allergrößten Anteil aller bisher gesicherten Vorkommen und sind je einzeln sehr große Lagerstätten: Russland, Iran, Katar sowie Turkmenistan. Alle zusammen sind militärisch nicht zu beherrschen, von keinem Staat oder Bündnis in der Welt. Natürlich wären sie militärisch zerstörbar, wie alle Quellen und Minen, Rohrleitungen, Terminals, Schiffe und Eisenbahnen.


7. Förderung und Reserven von Erdöl in Saudi Arabien
Beim ökonomischen Interesse der Aneignung der Rente aus der Erdölförderung liegen die Verhältnisse ziemlich einfach. Dafür ist keine Monopolisierung eines sehr großen Anteils der Förderung erforderlich. Es reicht die praktische Verfügung über eine einzelne große Förderung und die Sicherung der zugehörigen Reserve, wenn sie eine große Rentenspanne bieten. Natürlich müsste die absolute Größe immerhin ausreichen, um den Anreiz für die Investoren und den Aufwand für die politischen Kosten (s.o.) lohnenswert erscheinen zu lassen.
Die Rente aus Bergbauprodukten ergibt sich aus dem Weltmarktpreis abzüglich der Kosten für Förderung und Transport. Wenn der Weltmarktpreis für Rohöl zwischen 60 und 90 Dollar liegt (Saudisches Öl ist etwas billiger, weil nicht so rein) und die Förderkosten maximal etwa 5 $ pro Barrel betragen, dann beläuft sich die Höhe der Rente auf 55 bis 85 Dollar pro Barrel. Über die Transportkosten kann hier nichts Genaues gesagt werden, aber sie werden bei den Riesentankern mit 300 tausend Tonnen Ladefähigkeit auf der Route um Südafrika nur 1-2 Dollar pro Barrel ausmachen.
Wenn die laufende Förderung von Saudi Arabien jährlich bei 3,7 Milliarden Barrel liegt, dann beträgt die Summe der jährlichen Rente daraus zwischen 207 und 319 Milliarden Dollar. Wenn wir davon nur den exportierten Anteil (71 Prozent) anrechnen, haben wir eine jährliche Rentensumme zwischen 147 und 227 Milliarden Dollar, je nach dem Weltmarktpreis des Erdöls zwischen 60 und 90 Dollar pro Barrel. Wenn man dies mit den 40 Milliarden Gewinn in Dollar von Exxon Mobil in einigen der letzten Jahre vergleicht, dann weiß man, welche Extraprofite in Saudi Arabien auch nur bei der Übernahme der laufenden Förderung winken.
Aber - wer die Macht und Verfügung über die Förderung hat, dürfte sie auch über die Reserven haben. Und dann gilt Ungeheuerliches: Für die gesamten Reserven von 266 Milliarden Barrel, die Saudi Arabien zugerechnet werden, ergeben sich für den insgesamt angerechneten 71-prozentigen Exportanteil die Rentensummen zwischen 10 und 16 Billionen Dollar! Zur Verdeutlichung der Größenordnung: Das laufende BIP der USA beträgt rund 15 Billionen, das der BRD 3,3 Billionen und das der Welt rund 50 Billionen Dollar.
Wer sich das Rechnen sparen will: das würde reichen um für Exxon Mobil 40 Mrd. Dollar Gewinn für die nächsten 250 Jahre zu garantieren - wenn nicht bei der gegenwärtigen Förderungsrate alle Vorräte von Saudi Arabien schon in rund 70 Jahren aufgebraucht wären. Allerdings reichen die gesamten Reserven der Welt bei der gegenwärtigen Gesamtförderung nur noch für 41 Jahre, ohne Saudi Arabien gerechnet, noch erheblich kürzer. (dabei ist der Einfachheit halber immer angenommen, dass das gesamte Öl eines Vorkommens gefördert werden kann, was technisch kaum möglich ist)


8. Die Rente aus dem Öl der Saudis als imperialistisches Projekt
Wenn es bei den Kriegen gegen den Irak, das Embargo und die Kampagne gegen den Iran nicht direkt um deren Öl geht, was waren und sind dann die Gründe? Die Quellen Saudi-Arabiens militärisch zu erobern ist sehr einfach, sie liegen nicht weit vom Golf und sind geographisch konzentriert. Kuweit und die Emirate könnten gleich mit eingesackt werden. Es gibt nur wenig Bevölkerung und auch nur wenig Militär. Die High-Tech Flugspielzeuge der Saudi-Luftwaffe aus den USA würden in einem solchen Fall sicherlich nicht funktionieren. Irak und nun der Iran wären zwar je für sich keine militärisch potenten Verhinderer einer US-Invasion in Saudi-Arabien, aber auf Dauer doch unkalkulierbare Störfaktoren. Die Ausschaltung des Irak sollte sich ja durch die Aneignung von deren Ölquellen selbst finanzieren. Durch die dilettantische Besatzungspolitik der USA hat sich das bisher eher als politische Stärkung des schiitischen Regimes im Iran ausgewirkt. Und so muß der Iran an der Aufrüstung und an der Industrialisierung gehindert und in die Falle einer Bombardierung getrieben werden, wie in den 90er Jahren der Irak.
Für die ungeheuerlichen Summen von 10 oder 15 Billionen Dollar potentiellen Renten unter dem Wüstensand setzen die Aktionäre der Ölkonzerne und die beteiligten Bourgeoisien auch Ungeheuerliches in Gang – von den Putschen und anschließenden Militärhilfen, über den Krieg Irak gegen Iran, dem ersten Krieg gegen Irak, 9/11 und dem zweiten Krieg gegen Irak mit dem „kleinen“ propagandistisch-kriegerischen Umweg über Afghanistan. iii
Voraussetzung dafür, dass sich die Rechnung für die Aktionäre lohnt, ist allerdings, dass nicht sie selbst die militärischen Kosten für die Aneignung übernehmen. Für die erste Stufe tut dies der amerikanische Steuerzahler und mit dem Vorhalten der riesigen US-Kriegsmaschine für etwa 800 Milliarden Dollar pro Jahr laufenden Kosten für Mannschaften, Ausrüstung, Energie und Stützpunkten, Verwaltungs- und Führungsapparat. Für die zweite Stufe hat dies ebenfalls der amerikanische Steuerzahler mit vielen Hunderten Milliarden Kriegskosten für die Kriege gegen Afghanistan und den Irak getan, und einige andere Länder mit sehr viel kleineren Beiträgen und Hilfstruppen zur Legitimation. Es fehlen noch die dritte Stufe gegen den Iran und die vierte Stufe der direkten Eroberung. Die kann aber eventuell auch in einem demokratischen Aufstand gegen das erzreaktionäre Saudi-Regime bestehen – ähnlich, wie es die USA und viele NGOs gegen das erheblich weniger reaktionäre Regime in Iran vorantreiben. Am wahrscheinlichen Ende einer Operation gegen Saudi Arabien wäre das keine schlechte Bilanz für Exxon und die anderen Ölmonster – und eine klare Realdefinition für Imperialismus.
Ein deutscher Imperialismus schaut dabei durch die Röhre, ein europäischer zeigt sich als Fehlgeburt – die Aktionäre von Shell und BP und vielleicht auch die von Total assoziieren sich lieber mit dem Kapital der US-Ölkonzerne und lassen die USA und ihr Militär die Sache erledigen.
Erdöl: Welt und Saudi-Arabien – Förderung, Reserven in Barrel und in US-Dollar

Welt
Saudi Arabien
Welt
Saudi Arabien
Saudi Arabien
Saudi Arabien

Förderung

Millionen
Förderung

Millionen
Wert
Mill $
Bei 80 $
Durchschnitt 2010
Wert
Mill $
Bei 80 $
Durchschnitt 2010
Rente
b 5 $ Kosten u 55 $ RentenSpanne
Mill $
Rente
b 5 $ Kosten u 85 $ Renten Spanne
Mill $
Förderung
Barrel pro Jahr
28.426
3.760
2.274.080
300.800
206.773
319.558
Export
Barrel pro Jahr

2.672

213.760
146.949
227.103
Reserve
Barrel
1.167.015
264.895
93.361.200
21.191.600


Rente
aus Reserve



19.867.1325
14.569.225
22.516.075
Rente
ausExportanteil
der Reserve




10.344.150
15.876.452
Jahre möglicher Produktion in der Höhe der laufenden Entnahme
41
70,5




Wenn der Weltmarktpreis weiter steigt, die Förderkosten aber nicht oder weniger steil – dann steigt die potentielle Rente pro Barrel des ruhenden, noch nicht geförderten Öls. Dem steht die Verminderung der Reserve durch die laufende Förderung entgegen, solange die Förderung noch den Saudis überlassen werden muß: Aber es bleibt auf lange Zeit ein goldener Schatz unter dem Wüstensand, dessen Gold mit dem Weltmarktpreis immer wertvoller, allerdings während der noch verbleibenden maximal 70 Jahre auch immer kleiner wird.
9. Die Erdölkonzerne
Beim Erdöl liegen Förderung, Transport, Verarbeitung und Lieferung an die Kunden in der Welt einerseits bei privaten Konzernen. Das sind, nach einer beispiellosen Konzentrationswelle in den letzten zwei Jahrzehnten, in der Reihenfolge ihrer Bedeutung der US Konzern Exxon-Mobil, der niederländisch-britische Konzern Royal Dutch Shell, der britische Konzern BP und der US-Konzern Chevron-Texaco. Dazu kommt als fünftgrößter noch die französische Total. Exxon rangiert mit Abstand vor allen anderen privaten Ölunternehmen:


Konzern
Kennziffern
Exxon-Mobil
Royal-Dutsch
Shell
Saudi
Aramco
Börsen-Kapitalisierung
Anfang 2011 - Mrd $
331 Mrd. $
208 Mrd $
700 bis 800
Umsatz – Mrd $ - 2010
383


Gewinn – Mrd $ - 2010
30
18,6

Förderung – Mill Barrel/Tag -2008
4,2.
3,5.
10,3
Reserven –Mrd Barrel-2008
22,8
11,8



Daneben gibt es die privaten russischen mit staatlichem Einfluß, und die chinesischen mehr oder weniger staatlichen Konzerne. Und dann die staatlichen Förderkonzerne, die z. T. auch direkt die weitere Versorgungskette bedienen. Der größte Förderkonzern der Welt ist mit großem Abstand die saudische Aramco. Aktien von ihr werden an keiner Börse gehandelt, ihre virtuelle Börsenkapitalisierung wird auf 700 bis 800 Milliarden Dollar geschätzt. Ihre Förderung betrug im Jahr 2008 10,3 Millionen Barrel pro Tag – 2,5 mal so viel wie der größte private Konzern: Exxon.
Iran, Libyen, Algerien, Mexiko, Nigeria, Venezuela und Brasilien haben ebenfalls staatliche Monopolunternehmen. Im Irak steht das Staatseigentum am Erdöl inzwischen unter dem Einfluß der Besatzungsmacht.
Die „westlichen“ Konzerne haben immer geringer werdende Reserven in ihren Konzessionsgebieten mit immer höheren Förderkosten. Allerdings haben sie in der letzten Zeit jeweils noch jährliche Gewinne zwischen 10, 20 und mehr Milliarden Dollar aus den Renten abgeschöpft, allein Exxon 2008 über 45 Mrd. Dollar. Das ist mehr als die meisten Rüstungsunternehmen an Umsatz verzeichnen können, auch in den USA - die Rüstungsgewinne bewegen sich eher bei einem Zehntel der Ölgewinne. Wenn es also ein Interesse an imperialistischen Ölabenteuern gibt, dann ist es die Reprivatisierung der Ölproduktion und der Ölreserven am Golf, mit ihren geringen Förderkosten und den so gegebenen enormen Rentenspannen, sowie den immer noch riesigen potentiellen Rentensummen aus den großen Reserven. Bei solchen imperialistischen Ambitionen geht es nicht um geostrategische Machtspielchen für die Weltherrschaft – die haben die USA militärisch sowieso, außer gegenüber Russland und China,– sondern es geht um cash aus der Differenz von Produktionskosten und Verkaufserlösen und um die potentielle Rente aus dem Öl-Vermögen unter der Erde für die Aktionäre.
Die Lagerstätten von Erdgas haben wir erwähnt, diejenigen von Hartkohle ebenfalls. Es ist völlig klar, dass die sog. westliche Welt, die USA und ihre entwickelten Vasallen bei den Industrie-Rohstoffen mit ihren Konzernen schon längst am Ball ist, auch bei der Kohle, mit Ausnahme von Öl und Gas – es braucht dafür also keine Nato, mit oder ohne Bundeswehr. Wenn es denn um die Aneignung von Rohstoffen geht, dann haben wir es hier schon mit einer gemeinsamen Praxis des „westlichen“ Kapitals zu tun – allerdings im Großen und Ganzen ohne das besondere Eingreifen ihrer Staaten – weder zu Hause noch in fremden Staaten. Allerdings gibt es in Südamerika wohl immer noch Reste des „Yankee-Imperialismus“ - Kolumbien, Peru und bis vor kurzem Bolivien, bei Chile kann man zweifeln. Indonesien ist wohl auch mehr Opfer als Profiteur seiner Rohstoffe. Wobei der Vorteil der unabhängigen Staaten mehr bei ihren Staatsfunktionären und Bourgeoisien und weniger oder gar nicht bei den Arbeitern der Minen und der Bevölkerungen in den Förderländer liegt.


10. Objektive Interessen und imperialistische Ambitionen
Die Kalkulation objektiver Interessen großer potenter kapitalistischer Staaten, für eine eigene Rohstoffstrategie zur Erlangung ökonomischer Vorteile ihrer Konzerne gegenüber ihren auswärtigen Konkurrenten oder des Staates gegenüber anderen Staaten, lässt sich dahingehend zusammenfassen:
Es gibt solche objektiven Interessen aufgrund der Umstände nicht:
- Raub, Privilegierung, Monopolisierung oder Erpressung mittels Boycott oder Embargo im großen Stil lohnen sich nicht oder sind militärisch nicht machbar. Das gilt sogar für die USA und auch für China, viel mehr noch für alle sonst hoch industrialisierten Staaten, wie für Japan, Südkorea oder die europäischen Staaten. Es gilt aber auch für die EU insgesamt.
Nur bei der Rente aus dem Öl am Persischen Golf ist das anders. Und dort finden seit nunmehr etlichen Jahrzehnten auch die einzigen wirklichen imperialistischen Kriege um Rohstoffe statt. Und dabei spielen die anglo-amerikanischen Ölkonzerne und die USA als militärische Macht die zentrale Rolle.
Bleibt noch der zweite Teil der stehenden Formel von besorgten Anti-Imperialisten, Friedensfreunden und Freunden der 3. Welt: Die militärische Sicherung der Transportwege für Rohstoffe und Handelsrouten. Geostrategisch liegt es auf der Hand, dass solche Routen nur an Meerengen oder Kanälen militärisch zu unterbrechen sind – und dies nur von den Anrainern oder von militärisch überwältigend potenten Staaten. Praktisch ist nur die Straße von Hormuz im Kampf der USA gegen den Iran relevant. Es gibt wohl keine vernünftigen Kapitalisten in der BRD, die dort gerne mitmischen wollten – vor allem fehlt das Interesse! Und die Vernunft wird die BRD-Politiker hoffentlich davon abhalten sich als Vasallen in ein entsprechendes imperialistisches US-Abenteuer hineinziehen zu lassen.
Aber es gibt auch keine ökonomisch oder strategisch begründeten Sonderinteressen der Konzerne der BRD aus der Konkurrenz gegenüber anderen Exporteuren und Nationen. Für den Import gilt das ebenfalls. Wer sollte ein Interesse daran haben, die Importe in die BRD zu unterbrechen – gegen den man sich, evt. präventiv, alleine oder kollektiv rüsten müsste? Militärisch wäre eine Sperrung oder Öffnung von Seewegen für die BRD sowieso nur im Verbund mit der EU und/oder der Nato möglich – wenn denn alle anderen still hielten. Schon aus diesem Grund können wir alle Überlegungen für die BRD ausschließen.
Auch eine Sperrung des Suez-Kanals liegt bei allen denkbaren Beteiligten und Interessenten in keinem vernünftigen ökonomischen, und wohl auch keinem verständigen politischen Interesse.
Die Redeweise von der imperialistischen Absicherung von Transportwegen für und durch die BRD ist also reine Phantasie, was die Handelswaren, die Interessen von Beteiligten und die politisch-geographischen Gegebenheiten betrifft. Für die Bundeswehr sind oder wären das allerdings Arbeits-, und für die Rüstungsindustrie Auftrags- und Profitbeschaffungsmaßnahmen. Die Redereien von deutschen Politikern sind jedoch der Versuch ihre diversen Hilfsdienste für die USA mit imperialistischem Posieren zu verdecken. Und leider gelingt ihnen das vor allem auch bei den linken Kräften.
Alles oben Gesagte beruht auf der Voraussetzung rationaler Kalkulationen durch die potentiellen Beteiligten bei der Verfolgung ihrer eigenen Interessen. Dass es praktisch immer auch oder wieder nationalstaatliche oder nationalistische Antriebe und imperiale Phantasien bei Kapitalisten, Konzernführungen, Parteien, Regierungen und Staatsapparaten, gerade auch im Militär und bei Geheimdiensten oder in Außenministerien gibt, ist dabei nicht ausgeschlossen. Das trifft vor allem auf traditionsreiche imperialistische Staatsapparate in den alten Kolonialländern, oder früheren Möchtegern-Imperialisten, wie Deutschland – oder auch die USA zu, den bestrittenen Weltdominator seit 1945 und den bisher noch unbestrittenen seit 1991. Aber auch solche Haltungen und Aktivitäten können auf Dauer ohne eine materielle Grundlage mit soliden ökonomischen Interessen keine Erfolge zeitigen und real nichts bewegen – höchstens Katastrophen erzeugen. Ökonomische Grundlagen für einen deutschen Imperialismus fehlen an allen Ecken und Enden. Diese werden auch nicht durch die relative ökonomische Überlegenheit in Europa und anderswo gegenüber ihren ökonomischen Konkurrenten geliefert – in einigen Branchen, bei einigen Konzernen, bei einer einzelnen Bank oder dem Staat der BRD. Da gibt es auf der Welt jeweils immer noch andere, die in einer anderen Liga spielen oder die sich zusammen tun können – ökonomisch, geographisch, politisch und vor allem militärisch. v
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i Eine erste gründliche Erörterung dieses Themas findet sich bei Dieter Lohaus, Ein unerledigtes Geschäft, Die USA und das Öl der Verweigerer Iran und Irak, in Marxistische Blätter 5/01: Zwischenimperialistische Kräfteverhältnisse, S.47-58; dort werden der geschäftliche und der politisch-militärische Grund für die Invasion des Irak durch die USA (die Rente des Nah-Ost-Öls durch Re-Privatisierung der Quellen für die anglo-amerik. Konzerne und die Beseitigung des militärischen Hindernisses Irak für die Eroberung auch des Saudi-Öls) benannt. Noch vor dem Anschlag auf das World-Trade-Center werden die vielen publizistischen und politischen Indizien für den Invasionsplan gegen den Irak ins Licht gehoben – und festgestellt, dass bis dahin nur der populäre vereinheitlichende Faktor für eine Kriegskoalition des Westens fehlte. Der dann ja mit dem Anschlag am 11.Sept 01 prompt nachgeliefert wurde. Der Wert der Rente nur der irakischen Ölreserven wird bei einem Weltmarktpreis von damals 25 $ mit etwa 2 Billionen angegeben. Der Wert der Rente aus den gesamten Lagerstätten am Golf wird mit etwa 10 Billionen $ bezeichnet, von dem der größte Teil aus den Reserven von Saudi-Arabien besteht.
ii Lohaus untersucht dann jährlich die jeweils neue politisch-militärische Lage und die Veränderungen der Wertverhältnisse am Golf mit dem steigenden Ölpreis und die daraus resultierende Strategie der USA am Golf.
MarxBl 3/02: Nächste Station Bagdad – übernächste Riad; UZ Vor dem ersten Waffengang des Großen US-Krieg: 4.10.02: Krieg um die Ölrente des Nahen Osten: Irak; Internet: UZ 11.10.02: Die Kriegsbeute wird verteilt:
>http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Irak/lohaus.html<
ebenfalls noch vor dem Krieg: Marx Bl. 1/03: Zu den Zielen der US-Kriegsstrategie, zu finden unter: >http://www.neue-impulse-verlag.de/mbl/archiv< ; während des Krieges u kurz danach: Beitrag im Sammelband R. Göbel Hrsg: Bomben auf Bagdad; D L: Zu den Zielen der US-Strategie: Eroberung der Ölrente des Nahen Ostens, S.263-283; zu den Schwierigkeiten aus dem Dilemma der Besatzung: MBl 4/04, Zur US-Strategie am Golf, Teil I; MBl 5/04, Zur US-Strategie am Golf, Teil 2;
iii vergl. Jörg Miehe in JW- 25.09.2001, Öl, Profit und Terror
Wer die Terroranschläge am 11. September in den USA verübt hat, weiß man noch nicht. Die Folgen aber sind absehbar. - Die Anschläge gegen das World-Trade-Center in New York und das Pentagon in Washington zielten auf die Zentralmacht des Weltkapitalismus. Allerdings wird auch dieser Terroranschlag wieder zeigen, daß diese Kampfesweise die Herrschenden stärkt, diesmal auch international. Von einer solchen Geschlossenheit nach innen und...“
iv Die oben genannten Zahlen stammen aus der Veröffentlichung der Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe (BGR) von 2009, oder lassen sich daraus leicht errechnen: >Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 2008 (Kurzstudie 2009)<(abzurufen unter >bgr.bund.de<)

v Informationen zur Lage bei Rohstoffen und beim Öl sind in aufbereiteter Form zu erhalten in:
>Hrsg.: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe; Kurzstudie 2009: Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 2008 < http://www.bgr.bund.de/nn_330718/DE/Themen/Energie/Downloads/Energiestudie-Kurzf-2009,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Energiestudie-Kurzf-2009.pdf
>Deutsche Bank; Nutzerleitfaden Rohstoffe, Jan 2007; Deutsche Bank AG; Winchester House; 1 Great Winchester Street; London EC2N 2DB; United Kingdom – <http://www.etc.db.com/pdf/DE/prospectus/DB%20Leitfaden%20Rohstoffe.pdf
>Rohstoffwirtschaftliche Bewertung der Länder Afrikas, Asiens, der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) mit Georgien und Südamerikas im Hinblick auf die Bedeutung für Deutschland, Deutsche Rohstoffagentur;Sept 2010<http://www.bgr.bund.de/nn_1920686/DE/Themen/Min__rohstoffe/Downloads/laenderbewertung,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/laenderbewertung.pdf
Dies ist eine Fundgrube und geradezu ein Kompendium für die Suche nach Verbindungen der BRD zu Rohstoffproduzenten in der weiten Welt, mit Angabe der Stoffe, des Wertumfanges und der beteiligten Unternehmen und der Abhängigkeiten der BRD von den Rohstoffen, aber auch der Rohstoff-Länder von deren Export – das Einfallstor für Einflußnahme aller Arten – aber ohne imperialistische Chancen für ein einzelnes Land, wie die BRD.
>Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (Österreich); International Organizing Committee forthe World Mining Congress; World mining data; Volume 25 – Minerals Production / Rohstoffproduktion; Wien 2010<http://www.bmwfj.gv.at/energieundbergbau/weltbergbaudaten/Seiten/default.aspx
Ein sehr umfangreiches Kompendim der weltweiten Rohstoffproduktion nach Stoffen, Ländern und Ländergruppen in unterschiedlichen Zusammenstellungen in sotfflichen Größeneinheiten und Entwicklungen seit 1985.
>US Department of the Interior; US Geological Survey; Mineral Commodity Summeries 2010<http://minerals.usgs.gov/minerals/pubs/mcs/2010/mcs2010.pdf
detaillierte Übersicht zur Rohstoffproduktion in den USA; besonders wichtig – Übersicht der Importabhängigkeit bei einer Fülle von (nicht-öl-) Rohstoffen und der Herkunft der Importe!
WTO – World Commodity Profileshttp://www.wto.org/english/res_e/statis_e/world_commodity_profiles09_e.pdf
4 S. kurze Übersicht in Zahlen und Graphiken nach Hauptexporteuren und Importeuren von Agrarstoffen, Öl u Industrie-Rohstoffen und Industrieprodukten 2009 in Dollar und Änderungens seit 2000.
Bei <www.wto.org< viele weitere ausführliche und detaillierte Statistiken zum Thema.