Donnerstag, 8. September 2016

Rohstoff-Imperialismus ?
J.M. 19.2.11


Imperialistisches Posieren und Anti-Imperialistische Aufregung
Kürzlich hat Verteidigungsminister Guttenberg den Zusammenhang von Aufgaben der Bundeswehr und Wirtschaftsinteressen der BRD angesprochen. Nach Zeitungsmeldungen hat er u. a. gesagt:
"Die Sicherung der Handelswege und der Rohstoffquellen sind ohne Zweifel unter militärischen und globalstrategischen Gesichtspunkten zu betrachten".
Als „unverklemmte“ Offenlegung der politischen Wahrheit, so wurden diese Äußerungen von linken Kritikern bewertet, so P. Strutynski in der UZ v. 19.11.10 und H. Schui in der JW. V. 3.12.10, und sie haben vor einem Rohstoffimperialismus mit deutscher Beteiligung gewarnt.
Wenn man sich darüber klar werden will, ob es sich bei den skandalisierten Äußerungen Guttenbergs, sowie dem tatsächlichen gezielten Umbau der Bundeswehr für Auslandseinsätze wirklich um die Anmeldung deutscher imperialistischer Rohstoffambitionen handelt, dann sind dreierlei Erkundungen erforderlich: ökonomische Interessen der Beteiligten, geographisch-geologische Erkundungen der Verteilung der Rohstoffe und politisch-militärische der Interessenlagen und Kräfteverhältnisse.


1. Mögliche strategische Rohstoffinteressen der großen Mächte
Unter welchen Umständen sollten Lieferanten von Rohstoffen, seien es Staaten mit ihren Staatskonzernen oder private Kapitalgesellschaften und ihre Eigentümer, ein Interesse daran entwickeln, ganz bestimmten Käufern, einzelnen Konzernen oder Gruppen bestimmter fremder Staaten, ihre Rohstoffe nicht zu verkaufen, wenn die Preise stimmen? Der cash aus dem Verkauf und der Gewinn daraus, bisher in US-Dollar, ist doch das zentrale ökonomische Interesse der Lieferanten.
Von Seiten der Lieferanten ist ein Embargo beim Erdöl und auch beim Erdgas auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. Dafür fehlen sowohl die Einzelinteressen als auch deren Gemeinsamkeit bei den beteiligten Lieferanten, den Konzernen und Staaten. Das gilt auch für Hartkohle (unterschieden von der Weich(Braun-)kohle). Bei allen anderen Massenrohstoffen sieht es ähnlich aus. Denkbares Ziel eines Embargos könnten vor allem die entwickelten kapitalistischen Länder Europas, sowie Japan, Südkorea und Taiwan als Standorte der Industrieverbraucher sein, die kaum über eigene Rohstoffe verfügen. Die USA und Kanada, in Maßen Mexiko, China, Rußland, Brasilien, Australien und Südafrika haben jeweils ein großes Spektrum an eigenen Rohstoffen, aus denen sie sich versorgen können oder die sie im Austausch anbieten könnten. Für Indien ist die Lage differenziert – bisher aber ist der Verbrauch noch gering und die Eigenversorgung teilweise ausreichend –bei Erdöl oder Erdgas bisher jedoch nicht.
Aneignungsinteressen von Staaten außerhalb der Förderländer zu eigenen politischen, ökonomischen oder militärischen Zwecken, die nicht nur im eigenen Verbrauch liegen müssen, kann man nicht prinzipiell ausschließen. Aneignungsinteressen könnten sich auf die Sicherung der Versorgung für die eigene Industrie, die eigene Bevölkerung oder das eigene Militär beziehen –was unterstellt, dass es eine unzureichende Versorgung oder eine Bedrohung dafür geben könnte.
Vielen Imperialismuskritikern scheint dieses Szenario im Zusammenhang mit den Ölreserven, die durch den Verbrauch drastisch geringer werden, vor Augen zu stehen. Und es gewinnt noch Gewicht mit dem Hinweise auf das Fördermaximum – Peak-Oil - das entweder schon gewesenen ist oder demnächst eintreten wird. Darauf soll weiter unten noch eingegangen werden.
Ein Aneignungsinteresse von Staaten könnte sich ebenso auch auf die Vorenthaltung der Versorgung für die Bevölkerung, die Industrie oder das Militär anderer Staaten richten, entweder als automatische Wirkung der eigenen Privilegierung oder unabhängig davon. Es könnte sich auch auf die preisgünstige Versorgung des eigenen Binnenmarktes oder eine ungünstige für andere Parteien richten, also Konsum- oder Geschäftsinteressen fördern oder behindern.
Die exklusive Aneignung von Rohstoffen durch Staaten mit dem Ziel der Privilegierung oder eines Embargo gegen andere setzt voraus eine politisch-militärische Kontrolle der Hauptmasse der Förderung, ob nun bei Öl, Gas, Kohle oder anderen Industrierohstoffen. Das ist ein geographisch-militärisches Problem.


2. Mögliche Rohstoffinteressen der großen Konzerne
Ein Aneignungsinteresse von kapitalistischen Konzernen, Förderern, Eigentümern von Reserven, Verarbeitern, Transporteuren oder kommerziellen Verbrauchern liegt auf der Hand: Vergrößerung des Geschäftsfeldes und damit der Profitmassen sowie der Marktmacht bei Ein- und Verkauf, und damit auch der Profitrate. Kurz, es ginge um die Gewinnung von Monopolmacht und Monopolprofiten (Monopol, auf den Markt bezogen, strukturell und nicht absolut verstanden, also die üblicherweise vorhandenen Oligopole einschließend).
Die kommerzielle Durchsetzung einer Monopolstellung für Monopolprofite bei Rohstoffen setzt ökonomische Bedingungen voraus, die weltpolitisch durchgesetzt sein müssen: die freie kommerzielle Verfügbarkeit der Förderung und der Lagerstätten in den entsprechenden Ländern und der Stoffe auf dem gesamten Weltmarkt. Das haben die USA teils schon vor und dann mit dem II Weltkrieg zu erreichen versucht. Aber trotz vieler Putsche und einiger Militärinterventionen und auch richtigen Kriegen konnten sie die sukzessive Nationalisierung des Erdöls im Nahen Osten und auch in Lateinamerika nicht verhindern – ob ihnen die Reprivatisierung im Irak gelungen ist, bleibt noch unklar. Auf jeden Fall ist der Versuch in der SU, durch die innere Zersetzung des Staates in Rußland unter Jelzin, das Öl für die anglo-amerikanischen Konzerne verfügbar zu machen, misslungen: mit der Abservierung von Chodorkowski und der Auflösung von Yukos unter der Präsidentschaft Putins.
Auch für die ökonomische Monopolisierung für die Durchsetzung von Monopolpreisen ist die Verfügung über die Hauptmasse der Förderung im jeweiligen Rohstoffzweig erforderlich. Dagegen ist für die Aneignung eines großen Teils der Rente aus der Förderung von Rohstoffen nur die Aneignung eines großen Teiles jener Förderungen erforderlich, die mit der größten Rentenspanne erfolgt, als Quell für Extraprofite. (Rente ist kein Monopolpreis, sondern die Differenz zwischen niedrigen und hohen Förderkosten in Relation zum Marktpreis). i


3. Ökonomische und geographische Umstände für strategisch-militärische Kalküle und kriegerische Aktionen
Voraussetzung für alles ist allerdings eine hinreichend große weltweite Militärmacht, die nicht erfolgreich bekämpft werden kann. Es liegt auf der Hand, dass so etwas heute und in absehbarer Zeit nur von den USA allein, unter Duldung oder Mithilfe ihrer Verbündeten in Europa und Asien und dem Stillhalten vor allem von Russland und China (Atomrüstung, Vetorecht im Sicherheitsrat der UNO) ins Werk zu setzen wäre. Die EU als Ganzes, ob für gemeinsame Interessen oder unfreiwillig für ihre dominanten Länder BRD und Frankreich, hat keine von den USA unabhängige Kapazität gegenüber der Gesamtheit der Förderländer – in Konfrontation zu den USA schon gar nicht. Für die einzelnen Länder Europas stehen solche Möglichkeiten außerhalb des Vorstellbaren. Entsprechende Träume, z.B. in der BRD, wären nur skurril – oder Propaganda.
Eine staatlich-militärisch unterstützte Monopolisierung von Rohstoffförderungen oder auch die Aneignung der Förderungen und Lagerstätten mit den größten Rentenspannen für Geschäftsinteressen müssen genügend Profitmasse und sehr große Profitraten versprechen, damit der politische Apparat in den USA in diese Richtung dirigiert werden kann, also die „Think-Tanks“, die Medien und die Parteien für die Stimmungsmache bezahlt und die Wahl entsprechender Präsidenten und die passenden Mehrheiten im Kongress organisiert werden können.
Praktisch gewendet, bleibt die Frage, welche ökonomischen Interessen oder welches geostrategische Kalkül die USA mit den drei Kriegen (Irak gegen Iran und die zwei gegen Irak) am persischen Golf verfolgt haben: Billiges Öl, Versorgungssicherheit, Embargo, kommerzielle Monopolisierung oder Aneignung der großen Ölrenten. Auf jeden Fall ist das Öl mit den Kriegen teurer geworden – und daher die Profite der Konzerne größer.
Zunächst müssen wir noch das Argument der US-Vorsorge bezüglich des knapper werdenden Erdöls behandeln, das vielen Linken so einleuchtend erscheint. Allgemein ist es natürlich so, dass die Verteilung von knappen Ressourcen, wenn sie für den Markt produziert werden, nach dem Preis vor sich geht: wer zahlen kann, der bekommt es, bei übersteigender Nachfrage steigt der Preis und einige Nachfrager wollen und können dann nur weniger kaufen oder steigen aus. Das regelt sich zum Teil auch an der Tankstelle! Natürlich erzeugt die relative Dringlichkeit der Versorgung, ob bei Konzernen, Staaten oder Konsumenten, die Bereitschaft höhere Preise zu zahlen, als bei geringerer Zwangslage bei den anderen Nachfragern. Allerdings läuft auch das auf die Fähigkeit zur Zahlung hinaus. Jetzt und auch noch in naher Zukunft sind die Nachfrager aus den USA mit Sicherheit diejenigen, die in der Welt die höchsten Preise würden zahlen können – vielleicht durchaus bei geringeren Mengen, wenn die Steuern erhöht werden oder die Krise strukturell bleibt. Der US-Staat würde zudem bei Knappheit das erforderliche Öl für sein Militär aus den eigenen Reserven oder auf dem Markt besorgen – egal wie hoch der Preis wäre.
Wie sähe ein Szenario aus, wenn das Öl knapp würde, der Verbrauch verringert werden müsste, die industrielle Weltproduktion und der Welthandel wahrscheinlich schrumpfen würden, und die USA mit militärischem Zugriff versuchen würden die eigene Versorgung zu sichern? Die militärische Strategie zur Sicherung würde natürlich den erforderlichen enormen Einsatz an militärischen und sonstigen Ressourcen möglichst klein halten müssen: kleinste geographische Entfernung und Streuung und geringste Stärke der potentiellen Gegner. Die Ziele wären entsprechend Mexiko, Kanada, Venezuela, evt. Brasilien und dann Westafrika mit Nigeria und Angola – aber nicht der Nahe Osten, der von den USA maximal weit weg ist, und schon jetzt viele Gegner umfasst, die man militärisch nicht im Griff hat und viele, die dazu kommen könnten.
Der jetzige Nah-Ost-Einsatz kann also keinem vernünftigen geopolitischen Kalkül der Versorgungssicherheit oder günstigen Preisen für knapp werdendes Öl entsprechen – wobei Unvernunft und Kurzsichtigkeit der US-Regierungsapparate natürlich nicht ausgeschlossen werden können. ii
Halten wir also fest, dass es im Allgemeinen keine ökonomischen Motive für die Produzenten von Rohstoffen gibt, ihre Produkte dem Weltmarkt oder einzelnen Nachfragern vorzuenthalten, es sei denn für den eigenen, politisch abzusichernden Bedarf. Entsprechend gibt es auch bei den Abnehmern keine ökonomischen Gründe, ihren Bedarf am Weltmarkt vorbei mit militärischen Mitteln zu befriedigen. Es sei denn, sie könnten daraus Monopolprofite erlangen. Das könnte bei Rohstoffen entweder nur aus der Beherrschung des größten Teils der Förderungen und Lagerstätten und daraus zu diktierenden Monopolpreisen resultieren, oder aus der großen Rentenspanne sogar nur einer einzigen sehr großen Lagerstätte, die schon allein sehr große Gewinne verspräche.


4. Die Verteilung der nicht energetischen Rohstoffe und der Kohle in der Welt
Als Nächstes wäre also die geographische Monopolisierbarkeit und damit die Möglichkeit der militärischen Aneignung zu prüfen.
Die größten Lagerstätten für die nicht energetischen Massenrohstoffe, aber auch für die selteneren, sind über die Hauptförderländer verteilt: China, USA, Australien, Südafrika, Kanada, Südamerika und für einige Stoffe auch das mittlere Afrika und Indonesien. Viele andere Gebiete haben ebenfalls bei diesem oder jenem Rohstoff größere Vorkommen, wie z.B. bei Bauxit für Leichtmetall.
Die meisten Vorkommen für die „westlichen“ Abnehmer in den entwickelten kapitalistischen Staaten liegen also politisch, ökonomisch und militärisch in Gebieten und Staaten, die selber zum sog. Westen gehören oder von ihm abhängen. Das gilt für die USA selber, für Kanada, wohl auch für Mexiko, für Australien und für Südafrika. Chile und Peru, sind zu klein für Eigenständigkeit und Widerstand und haben jetzt schon eher willfährige Regierungen. Auch Indonesien dürfte im Einflussgebiet des Westens liegen.
Indien hat keine besonders großen und verschiedenartigen Rohstoffe, außer Kohle und ist politisch wegen seiner Größe nicht unmittelbar abhängig vom sog. Westen. Brasilien und Russland haben ebenfalls eine gewisse Eigenständigkeit aufgrund ihrer Größe und dazu eine gewisse ökonomische Selbständigkeit und sind nur bedingt druckempfindlich. Wobei allerdings Russland mehr und Brasilien weniger auf den Rohstoff-Export für ihre Deviseneinnahmen angewiesen sind. Die industrielle Wertschöpfung ist bei beiden, gemessen an Europa, den USA oder Japan noch relativ klein. Russland ist wegen seiner strategischen Atomrüstung faktisch unangreifbar. Abgesehen davon macht die Größe des Landes militärische Landoperationen im Westen illusorisch und im Osten politisch bisher unmöglich - Ostsibirien grenzt an Nordchina. China ist im Moment beim Handel noch vom sog. Westen abhängig, sowie gegenwärtig und perspektivisch zunehmend erheblich von Rohstoffeinfuhren z.B. aus Australien und Brasilien - obgleich es bei sehr vielen Stoffen über sehr große Lagerstätten verfügt.
Die Lagerstätten von Hartkohle befinden sich hauptsächlich in den USA und in China, in Au-stralien, Südafrika, Russland, Indonesien und Polen. Die USA und China verbrauchen fast alles selbst, ebenso wie beim eigenen Erdöl und Erdgas, Rußland verbraucht den größten Teil der Kohle ebenfalls selbst. Auch Indien verbraucht die recht große eigene Kohleförderung selbst. Die größten Kohlereserven haben die USA, danach folgt China. Die gesamten Kohlereserven der Welt sind vom Energiegehalt her größer als die gesamten Öl- und Gasreserven zusammen. Auch das Uran ist über einige Fundorte in der Welt verteilt.


5. Die Rohstoffkonzerne
Neben den geologischen und geostrategischen Eigenschaften der Länder spielen auch die Eigentumsverhältnisse der Rohstoffunternehmen eine Rolle bei den Interessenlagen der Beteiligten. Es ist ein großer Unterschied, ob die Unternehmen staatlich sind und so potentiell gesellschaftlichen Interessen dienen können, oder ob es sich um private Kapitalgesellschaften handelt, die entweder von Kapital aus dem Inland oder aus den kap. Zentren, oder von beiden finanziert werden. Die erneute Verpflichtung von Venezuelas Staatskonzern auf gesellschaftliche Interessen durch die Regierung und die daraufhin erfolgenden Rückzüge der großen privaten Ölkonzerne aus Venezuela illustrieren mit den begleitenden politischen Pressionen und Putschversuchen diesen Zusammenhang.
Die fördernden, transportierenden, verarbeitenden und verkaufenden Unternehmen von Rohstoffen, z. T. einschließlich großer Förderungen und Reserven von Hartkohle (nicht von Erdöl und Erdgas) sind vier bis fünf große internationale Rohstoffkonglomerate, die den größten Teil der Produktion und des Welthandels bei Rohstoffen abwickeln: Die brasilianische Vale (dominant bei Eisenerz aus brasilianischer Förderung), die englisch-australische Rio-Tinto, die englisch-australische BHP-Billiton, die südafrikanisch-englische Anglo-American und der Rohstoffgroßhändler und weltweiter Mineneigentümer Glencoe, inzwischen größter Aktionär bei Xstrata, einem weiteren Minenkonzern, beide mit Sitz in der Schweiz. Dazu einige spezialisierte Konzerne, meist mit dem Schwerpunkt auf einem Rohstoff und in einem Land, wie z.B.: Nickel (Norilsk, Rußland), Kupfer (Codelco, Chile) und Leichtmetall (Rusal, Russland; Alcoa, USA). Die ökonomische Größenordnung der drei anfangs genannten großen Konzerne bewegt sich bei Umsätzen um 50 Mrd. Dollar, die Zahl der Beschäftigten von unter 50 bis unter 100 Tausend, bei maximalen Börsenkapitalisierungen von 150 Mrd. und bei Gewinnen von höchstens 10 Mrd. Dollar in den Vorkrisenjahren – sehr große Konzerne also, aber nicht die Weltspitze. Wobei sich das Fusions-Karussell seit Jahren heftig dreht.
Es gibt also im Bereich der nicht-energetischen Massen-Industrierohstoffe (einschließlich Hartkohle) weder bei der Förderung, bei der Verfügbarkeit, bei den Lagerstätten, bei den Produzenten oder der Verteilung, noch bei den Preisen eine Notwendigkeit oder auch nur eine Chance für eine imperialistische Sicherung, Aneignung oder Monopolisierung der Rohstoffe, selbst für große Abnehmer oder Produzenten wie USA, China oder Russland nicht - von deutschen Nachfragern einzeln oder als Einkaufskartell, von der BRD-Regierung diplomatisch oder militärisch gar nicht zu reden.
Die Rentenspannen sind bei den meisten nicht energetischen Rohstoffen (auch bei Hartkohle) sehr viel kleiner als beim Öl, fast überall wird in großen Tagebauen abgebaut. Und zudem gibt es nur wenige Stoffe, wo wirklich sehr große Vorkommen auf kleinem Raum konzentriert sind und alle anderen klein und verstreut wären. Daher wären auch die möglichen Summen aus eventuellen künftigen Renten ziemlich klein, die man mit militärischen Maßnahmen aneignen könnte.
Ein Embargo aus politischen Gründen, z.B. zur Schädigung von Konkurrenten oder zur Ausschaltung von Gegnern, stellt noch schärfere Bedingungen und ist daher auszuschließen – außer durch die USA gegenüber einzelnen isolierbaren Staaten, wie Kuba und Iran. Aber das hat bisher sogar bei diesen beiden seine Grenzen.


6. Verteilung und Aneignung von Erdöl und Erdgas
Bei den Energierohstoffen Erdöl und Erdgas liegen die Dinge, was die geographische Verteilung angeht etwas anders. Die größte Förderung von Erdöl findet sich in Russland, dicht gefolgt von Saudi-Arabien. Die mit Abstand größten Reserven liegen dagegen in Saudi Arabien, und dann jeweils etwa halb so viel im Iran und Irak, sowie in Kuweit und den Emiraten und dann mit etwas Abstand in Russland. Davon wiederum etwa halb so viel haben Libyen, Nigeria, Venezuela, USA und Kasachstan. Dann folgen mit Abstand Mexiko, Brasilien, China, Katar, Angola und Algerien und danach noch einige recht kleine Lagerstätten in anderen Ländern. Auch wenn sich die größte sowie die vier nächst größeren Lagerstätten rund um den Persischen Golf gruppieren, so sind doch große aktuelle Förderungen und in Summe auch große Reserven weit weg davon in anderen Gegenden der Erde verteilt.
Für eine aktuelle Monopolisierung der Erdölförderung, aus ökonomischen oder auch aus strategischen Gründen, müssten z.B. die USA oder „der Westen“ außer dem persischen Golf einschließlich Iran, noch die Region des kaspischen Meeres selbst und jene nordöstlich davon, Nord- und West-Afrika, Mexiko und Venezuela, künftig auch Brasilien, die USA selbst einschließlich Alaska, die Nordsee und vor allem Russland in den (militärischen) Griff bekommen. Das ist selbst für die USA, auch zusammen mit ihren Verbündeten, völlig ausgeschlossen.
Die drei, vier sehr großen Gasvorkommen liegen weit auseinander, bilden aber den allergrößten Anteil aller bisher gesicherten Vorkommen und sind je einzeln sehr große Lagerstätten: Russland, Iran, Katar sowie Turkmenistan. Alle zusammen sind militärisch nicht zu beherrschen, von keinem Staat oder Bündnis in der Welt. Natürlich wären sie militärisch zerstörbar, wie alle Quellen und Minen, Rohrleitungen, Terminals, Schiffe und Eisenbahnen.


7. Förderung und Reserven von Erdöl in Saudi Arabien
Beim ökonomischen Interesse der Aneignung der Rente aus der Erdölförderung liegen die Verhältnisse ziemlich einfach. Dafür ist keine Monopolisierung eines sehr großen Anteils der Förderung erforderlich. Es reicht die praktische Verfügung über eine einzelne große Förderung und die Sicherung der zugehörigen Reserve, wenn sie eine große Rentenspanne bieten. Natürlich müsste die absolute Größe immerhin ausreichen, um den Anreiz für die Investoren und den Aufwand für die politischen Kosten (s.o.) lohnenswert erscheinen zu lassen.
Die Rente aus Bergbauprodukten ergibt sich aus dem Weltmarktpreis abzüglich der Kosten für Förderung und Transport. Wenn der Weltmarktpreis für Rohöl zwischen 60 und 90 Dollar liegt (Saudisches Öl ist etwas billiger, weil nicht so rein) und die Förderkosten maximal etwa 5 $ pro Barrel betragen, dann beläuft sich die Höhe der Rente auf 55 bis 85 Dollar pro Barrel. Über die Transportkosten kann hier nichts Genaues gesagt werden, aber sie werden bei den Riesentankern mit 300 tausend Tonnen Ladefähigkeit auf der Route um Südafrika nur 1-2 Dollar pro Barrel ausmachen.
Wenn die laufende Förderung von Saudi Arabien jährlich bei 3,7 Milliarden Barrel liegt, dann beträgt die Summe der jährlichen Rente daraus zwischen 207 und 319 Milliarden Dollar. Wenn wir davon nur den exportierten Anteil (71 Prozent) anrechnen, haben wir eine jährliche Rentensumme zwischen 147 und 227 Milliarden Dollar, je nach dem Weltmarktpreis des Erdöls zwischen 60 und 90 Dollar pro Barrel. Wenn man dies mit den 40 Milliarden Gewinn in Dollar von Exxon Mobil in einigen der letzten Jahre vergleicht, dann weiß man, welche Extraprofite in Saudi Arabien auch nur bei der Übernahme der laufenden Förderung winken.
Aber - wer die Macht und Verfügung über die Förderung hat, dürfte sie auch über die Reserven haben. Und dann gilt Ungeheuerliches: Für die gesamten Reserven von 266 Milliarden Barrel, die Saudi Arabien zugerechnet werden, ergeben sich für den insgesamt angerechneten 71-prozentigen Exportanteil die Rentensummen zwischen 10 und 16 Billionen Dollar! Zur Verdeutlichung der Größenordnung: Das laufende BIP der USA beträgt rund 15 Billionen, das der BRD 3,3 Billionen und das der Welt rund 50 Billionen Dollar.
Wer sich das Rechnen sparen will: das würde reichen um für Exxon Mobil 40 Mrd. Dollar Gewinn für die nächsten 250 Jahre zu garantieren - wenn nicht bei der gegenwärtigen Förderungsrate alle Vorräte von Saudi Arabien schon in rund 70 Jahren aufgebraucht wären. Allerdings reichen die gesamten Reserven der Welt bei der gegenwärtigen Gesamtförderung nur noch für 41 Jahre, ohne Saudi Arabien gerechnet, noch erheblich kürzer. (dabei ist der Einfachheit halber immer angenommen, dass das gesamte Öl eines Vorkommens gefördert werden kann, was technisch kaum möglich ist)


8. Die Rente aus dem Öl der Saudis als imperialistisches Projekt
Wenn es bei den Kriegen gegen den Irak, das Embargo und die Kampagne gegen den Iran nicht direkt um deren Öl geht, was waren und sind dann die Gründe? Die Quellen Saudi-Arabiens militärisch zu erobern ist sehr einfach, sie liegen nicht weit vom Golf und sind geographisch konzentriert. Kuweit und die Emirate könnten gleich mit eingesackt werden. Es gibt nur wenig Bevölkerung und auch nur wenig Militär. Die High-Tech Flugspielzeuge der Saudi-Luftwaffe aus den USA würden in einem solchen Fall sicherlich nicht funktionieren. Irak und nun der Iran wären zwar je für sich keine militärisch potenten Verhinderer einer US-Invasion in Saudi-Arabien, aber auf Dauer doch unkalkulierbare Störfaktoren. Die Ausschaltung des Irak sollte sich ja durch die Aneignung von deren Ölquellen selbst finanzieren. Durch die dilettantische Besatzungspolitik der USA hat sich das bisher eher als politische Stärkung des schiitischen Regimes im Iran ausgewirkt. Und so muß der Iran an der Aufrüstung und an der Industrialisierung gehindert und in die Falle einer Bombardierung getrieben werden, wie in den 90er Jahren der Irak.
Für die ungeheuerlichen Summen von 10 oder 15 Billionen Dollar potentiellen Renten unter dem Wüstensand setzen die Aktionäre der Ölkonzerne und die beteiligten Bourgeoisien auch Ungeheuerliches in Gang – von den Putschen und anschließenden Militärhilfen, über den Krieg Irak gegen Iran, dem ersten Krieg gegen Irak, 9/11 und dem zweiten Krieg gegen Irak mit dem „kleinen“ propagandistisch-kriegerischen Umweg über Afghanistan. iii
Voraussetzung dafür, dass sich die Rechnung für die Aktionäre lohnt, ist allerdings, dass nicht sie selbst die militärischen Kosten für die Aneignung übernehmen. Für die erste Stufe tut dies der amerikanische Steuerzahler und mit dem Vorhalten der riesigen US-Kriegsmaschine für etwa 800 Milliarden Dollar pro Jahr laufenden Kosten für Mannschaften, Ausrüstung, Energie und Stützpunkten, Verwaltungs- und Führungsapparat. Für die zweite Stufe hat dies ebenfalls der amerikanische Steuerzahler mit vielen Hunderten Milliarden Kriegskosten für die Kriege gegen Afghanistan und den Irak getan, und einige andere Länder mit sehr viel kleineren Beiträgen und Hilfstruppen zur Legitimation. Es fehlen noch die dritte Stufe gegen den Iran und die vierte Stufe der direkten Eroberung. Die kann aber eventuell auch in einem demokratischen Aufstand gegen das erzreaktionäre Saudi-Regime bestehen – ähnlich, wie es die USA und viele NGOs gegen das erheblich weniger reaktionäre Regime in Iran vorantreiben. Am wahrscheinlichen Ende einer Operation gegen Saudi Arabien wäre das keine schlechte Bilanz für Exxon und die anderen Ölmonster – und eine klare Realdefinition für Imperialismus.
Ein deutscher Imperialismus schaut dabei durch die Röhre, ein europäischer zeigt sich als Fehlgeburt – die Aktionäre von Shell und BP und vielleicht auch die von Total assoziieren sich lieber mit dem Kapital der US-Ölkonzerne und lassen die USA und ihr Militär die Sache erledigen.
Erdöl: Welt und Saudi-Arabien – Förderung, Reserven in Barrel und in US-Dollar

Welt
Saudi Arabien
Welt
Saudi Arabien
Saudi Arabien
Saudi Arabien

Förderung

Millionen
Förderung

Millionen
Wert
Mill $
Bei 80 $
Durchschnitt 2010
Wert
Mill $
Bei 80 $
Durchschnitt 2010
Rente
b 5 $ Kosten u 55 $ RentenSpanne
Mill $
Rente
b 5 $ Kosten u 85 $ Renten Spanne
Mill $
Förderung
Barrel pro Jahr
28.426
3.760
2.274.080
300.800
206.773
319.558
Export
Barrel pro Jahr

2.672

213.760
146.949
227.103
Reserve
Barrel
1.167.015
264.895
93.361.200
21.191.600


Rente
aus Reserve



19.867.1325
14.569.225
22.516.075
Rente
ausExportanteil
der Reserve




10.344.150
15.876.452
Jahre möglicher Produktion in der Höhe der laufenden Entnahme
41
70,5




Wenn der Weltmarktpreis weiter steigt, die Förderkosten aber nicht oder weniger steil – dann steigt die potentielle Rente pro Barrel des ruhenden, noch nicht geförderten Öls. Dem steht die Verminderung der Reserve durch die laufende Förderung entgegen, solange die Förderung noch den Saudis überlassen werden muß: Aber es bleibt auf lange Zeit ein goldener Schatz unter dem Wüstensand, dessen Gold mit dem Weltmarktpreis immer wertvoller, allerdings während der noch verbleibenden maximal 70 Jahre auch immer kleiner wird.
9. Die Erdölkonzerne
Beim Erdöl liegen Förderung, Transport, Verarbeitung und Lieferung an die Kunden in der Welt einerseits bei privaten Konzernen. Das sind, nach einer beispiellosen Konzentrationswelle in den letzten zwei Jahrzehnten, in der Reihenfolge ihrer Bedeutung der US Konzern Exxon-Mobil, der niederländisch-britische Konzern Royal Dutch Shell, der britische Konzern BP und der US-Konzern Chevron-Texaco. Dazu kommt als fünftgrößter noch die französische Total. Exxon rangiert mit Abstand vor allen anderen privaten Ölunternehmen:


Konzern
Kennziffern
Exxon-Mobil
Royal-Dutsch
Shell
Saudi
Aramco
Börsen-Kapitalisierung
Anfang 2011 - Mrd $
331 Mrd. $
208 Mrd $
700 bis 800
Umsatz – Mrd $ - 2010
383


Gewinn – Mrd $ - 2010
30
18,6

Förderung – Mill Barrel/Tag -2008
4,2.
3,5.
10,3
Reserven –Mrd Barrel-2008
22,8
11,8



Daneben gibt es die privaten russischen mit staatlichem Einfluß, und die chinesischen mehr oder weniger staatlichen Konzerne. Und dann die staatlichen Förderkonzerne, die z. T. auch direkt die weitere Versorgungskette bedienen. Der größte Förderkonzern der Welt ist mit großem Abstand die saudische Aramco. Aktien von ihr werden an keiner Börse gehandelt, ihre virtuelle Börsenkapitalisierung wird auf 700 bis 800 Milliarden Dollar geschätzt. Ihre Förderung betrug im Jahr 2008 10,3 Millionen Barrel pro Tag – 2,5 mal so viel wie der größte private Konzern: Exxon.
Iran, Libyen, Algerien, Mexiko, Nigeria, Venezuela und Brasilien haben ebenfalls staatliche Monopolunternehmen. Im Irak steht das Staatseigentum am Erdöl inzwischen unter dem Einfluß der Besatzungsmacht.
Die „westlichen“ Konzerne haben immer geringer werdende Reserven in ihren Konzessionsgebieten mit immer höheren Förderkosten. Allerdings haben sie in der letzten Zeit jeweils noch jährliche Gewinne zwischen 10, 20 und mehr Milliarden Dollar aus den Renten abgeschöpft, allein Exxon 2008 über 45 Mrd. Dollar. Das ist mehr als die meisten Rüstungsunternehmen an Umsatz verzeichnen können, auch in den USA - die Rüstungsgewinne bewegen sich eher bei einem Zehntel der Ölgewinne. Wenn es also ein Interesse an imperialistischen Ölabenteuern gibt, dann ist es die Reprivatisierung der Ölproduktion und der Ölreserven am Golf, mit ihren geringen Förderkosten und den so gegebenen enormen Rentenspannen, sowie den immer noch riesigen potentiellen Rentensummen aus den großen Reserven. Bei solchen imperialistischen Ambitionen geht es nicht um geostrategische Machtspielchen für die Weltherrschaft – die haben die USA militärisch sowieso, außer gegenüber Russland und China,– sondern es geht um cash aus der Differenz von Produktionskosten und Verkaufserlösen und um die potentielle Rente aus dem Öl-Vermögen unter der Erde für die Aktionäre.
Die Lagerstätten von Erdgas haben wir erwähnt, diejenigen von Hartkohle ebenfalls. Es ist völlig klar, dass die sog. westliche Welt, die USA und ihre entwickelten Vasallen bei den Industrie-Rohstoffen mit ihren Konzernen schon längst am Ball ist, auch bei der Kohle, mit Ausnahme von Öl und Gas – es braucht dafür also keine Nato, mit oder ohne Bundeswehr. Wenn es denn um die Aneignung von Rohstoffen geht, dann haben wir es hier schon mit einer gemeinsamen Praxis des „westlichen“ Kapitals zu tun – allerdings im Großen und Ganzen ohne das besondere Eingreifen ihrer Staaten – weder zu Hause noch in fremden Staaten. Allerdings gibt es in Südamerika wohl immer noch Reste des „Yankee-Imperialismus“ - Kolumbien, Peru und bis vor kurzem Bolivien, bei Chile kann man zweifeln. Indonesien ist wohl auch mehr Opfer als Profiteur seiner Rohstoffe. Wobei der Vorteil der unabhängigen Staaten mehr bei ihren Staatsfunktionären und Bourgeoisien und weniger oder gar nicht bei den Arbeitern der Minen und der Bevölkerungen in den Förderländer liegt.


10. Objektive Interessen und imperialistische Ambitionen
Die Kalkulation objektiver Interessen großer potenter kapitalistischer Staaten, für eine eigene Rohstoffstrategie zur Erlangung ökonomischer Vorteile ihrer Konzerne gegenüber ihren auswärtigen Konkurrenten oder des Staates gegenüber anderen Staaten, lässt sich dahingehend zusammenfassen:
Es gibt solche objektiven Interessen aufgrund der Umstände nicht:
- Raub, Privilegierung, Monopolisierung oder Erpressung mittels Boycott oder Embargo im großen Stil lohnen sich nicht oder sind militärisch nicht machbar. Das gilt sogar für die USA und auch für China, viel mehr noch für alle sonst hoch industrialisierten Staaten, wie für Japan, Südkorea oder die europäischen Staaten. Es gilt aber auch für die EU insgesamt.
Nur bei der Rente aus dem Öl am Persischen Golf ist das anders. Und dort finden seit nunmehr etlichen Jahrzehnten auch die einzigen wirklichen imperialistischen Kriege um Rohstoffe statt. Und dabei spielen die anglo-amerikanischen Ölkonzerne und die USA als militärische Macht die zentrale Rolle.
Bleibt noch der zweite Teil der stehenden Formel von besorgten Anti-Imperialisten, Friedensfreunden und Freunden der 3. Welt: Die militärische Sicherung der Transportwege für Rohstoffe und Handelsrouten. Geostrategisch liegt es auf der Hand, dass solche Routen nur an Meerengen oder Kanälen militärisch zu unterbrechen sind – und dies nur von den Anrainern oder von militärisch überwältigend potenten Staaten. Praktisch ist nur die Straße von Hormuz im Kampf der USA gegen den Iran relevant. Es gibt wohl keine vernünftigen Kapitalisten in der BRD, die dort gerne mitmischen wollten – vor allem fehlt das Interesse! Und die Vernunft wird die BRD-Politiker hoffentlich davon abhalten sich als Vasallen in ein entsprechendes imperialistisches US-Abenteuer hineinziehen zu lassen.
Aber es gibt auch keine ökonomisch oder strategisch begründeten Sonderinteressen der Konzerne der BRD aus der Konkurrenz gegenüber anderen Exporteuren und Nationen. Für den Import gilt das ebenfalls. Wer sollte ein Interesse daran haben, die Importe in die BRD zu unterbrechen – gegen den man sich, evt. präventiv, alleine oder kollektiv rüsten müsste? Militärisch wäre eine Sperrung oder Öffnung von Seewegen für die BRD sowieso nur im Verbund mit der EU und/oder der Nato möglich – wenn denn alle anderen still hielten. Schon aus diesem Grund können wir alle Überlegungen für die BRD ausschließen.
Auch eine Sperrung des Suez-Kanals liegt bei allen denkbaren Beteiligten und Interessenten in keinem vernünftigen ökonomischen, und wohl auch keinem verständigen politischen Interesse.
Die Redeweise von der imperialistischen Absicherung von Transportwegen für und durch die BRD ist also reine Phantasie, was die Handelswaren, die Interessen von Beteiligten und die politisch-geographischen Gegebenheiten betrifft. Für die Bundeswehr sind oder wären das allerdings Arbeits-, und für die Rüstungsindustrie Auftrags- und Profitbeschaffungsmaßnahmen. Die Redereien von deutschen Politikern sind jedoch der Versuch ihre diversen Hilfsdienste für die USA mit imperialistischem Posieren zu verdecken. Und leider gelingt ihnen das vor allem auch bei den linken Kräften.
Alles oben Gesagte beruht auf der Voraussetzung rationaler Kalkulationen durch die potentiellen Beteiligten bei der Verfolgung ihrer eigenen Interessen. Dass es praktisch immer auch oder wieder nationalstaatliche oder nationalistische Antriebe und imperiale Phantasien bei Kapitalisten, Konzernführungen, Parteien, Regierungen und Staatsapparaten, gerade auch im Militär und bei Geheimdiensten oder in Außenministerien gibt, ist dabei nicht ausgeschlossen. Das trifft vor allem auf traditionsreiche imperialistische Staatsapparate in den alten Kolonialländern, oder früheren Möchtegern-Imperialisten, wie Deutschland – oder auch die USA zu, den bestrittenen Weltdominator seit 1945 und den bisher noch unbestrittenen seit 1991. Aber auch solche Haltungen und Aktivitäten können auf Dauer ohne eine materielle Grundlage mit soliden ökonomischen Interessen keine Erfolge zeitigen und real nichts bewegen – höchstens Katastrophen erzeugen. Ökonomische Grundlagen für einen deutschen Imperialismus fehlen an allen Ecken und Enden. Diese werden auch nicht durch die relative ökonomische Überlegenheit in Europa und anderswo gegenüber ihren ökonomischen Konkurrenten geliefert – in einigen Branchen, bei einigen Konzernen, bei einer einzelnen Bank oder dem Staat der BRD. Da gibt es auf der Welt jeweils immer noch andere, die in einer anderen Liga spielen oder die sich zusammen tun können – ökonomisch, geographisch, politisch und vor allem militärisch. v
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i Eine erste gründliche Erörterung dieses Themas findet sich bei Dieter Lohaus, Ein unerledigtes Geschäft, Die USA und das Öl der Verweigerer Iran und Irak, in Marxistische Blätter 5/01: Zwischenimperialistische Kräfteverhältnisse, S.47-58; dort werden der geschäftliche und der politisch-militärische Grund für die Invasion des Irak durch die USA (die Rente des Nah-Ost-Öls durch Re-Privatisierung der Quellen für die anglo-amerik. Konzerne und die Beseitigung des militärischen Hindernisses Irak für die Eroberung auch des Saudi-Öls) benannt. Noch vor dem Anschlag auf das World-Trade-Center werden die vielen publizistischen und politischen Indizien für den Invasionsplan gegen den Irak ins Licht gehoben – und festgestellt, dass bis dahin nur der populäre vereinheitlichende Faktor für eine Kriegskoalition des Westens fehlte. Der dann ja mit dem Anschlag am 11.Sept 01 prompt nachgeliefert wurde. Der Wert der Rente nur der irakischen Ölreserven wird bei einem Weltmarktpreis von damals 25 $ mit etwa 2 Billionen angegeben. Der Wert der Rente aus den gesamten Lagerstätten am Golf wird mit etwa 10 Billionen $ bezeichnet, von dem der größte Teil aus den Reserven von Saudi-Arabien besteht.
ii Lohaus untersucht dann jährlich die jeweils neue politisch-militärische Lage und die Veränderungen der Wertverhältnisse am Golf mit dem steigenden Ölpreis und die daraus resultierende Strategie der USA am Golf.
MarxBl 3/02: Nächste Station Bagdad – übernächste Riad; UZ Vor dem ersten Waffengang des Großen US-Krieg: 4.10.02: Krieg um die Ölrente des Nahen Osten: Irak; Internet: UZ 11.10.02: Die Kriegsbeute wird verteilt:
>http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Irak/lohaus.html<
ebenfalls noch vor dem Krieg: Marx Bl. 1/03: Zu den Zielen der US-Kriegsstrategie, zu finden unter: >http://www.neue-impulse-verlag.de/mbl/archiv< ; während des Krieges u kurz danach: Beitrag im Sammelband R. Göbel Hrsg: Bomben auf Bagdad; D L: Zu den Zielen der US-Strategie: Eroberung der Ölrente des Nahen Ostens, S.263-283; zu den Schwierigkeiten aus dem Dilemma der Besatzung: MBl 4/04, Zur US-Strategie am Golf, Teil I; MBl 5/04, Zur US-Strategie am Golf, Teil 2;
iii vergl. Jörg Miehe in JW- 25.09.2001, Öl, Profit und Terror
Wer die Terroranschläge am 11. September in den USA verübt hat, weiß man noch nicht. Die Folgen aber sind absehbar. - Die Anschläge gegen das World-Trade-Center in New York und das Pentagon in Washington zielten auf die Zentralmacht des Weltkapitalismus. Allerdings wird auch dieser Terroranschlag wieder zeigen, daß diese Kampfesweise die Herrschenden stärkt, diesmal auch international. Von einer solchen Geschlossenheit nach innen und...“
iv Die oben genannten Zahlen stammen aus der Veröffentlichung der Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe (BGR) von 2009, oder lassen sich daraus leicht errechnen: >Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 2008 (Kurzstudie 2009)<(abzurufen unter >bgr.bund.de<)

v Informationen zur Lage bei Rohstoffen und beim Öl sind in aufbereiteter Form zu erhalten in:
>Hrsg.: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe; Kurzstudie 2009: Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 2008 < http://www.bgr.bund.de/nn_330718/DE/Themen/Energie/Downloads/Energiestudie-Kurzf-2009,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Energiestudie-Kurzf-2009.pdf
>Deutsche Bank; Nutzerleitfaden Rohstoffe, Jan 2007; Deutsche Bank AG; Winchester House; 1 Great Winchester Street; London EC2N 2DB; United Kingdom – <http://www.etc.db.com/pdf/DE/prospectus/DB%20Leitfaden%20Rohstoffe.pdf
>Rohstoffwirtschaftliche Bewertung der Länder Afrikas, Asiens, der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) mit Georgien und Südamerikas im Hinblick auf die Bedeutung für Deutschland, Deutsche Rohstoffagentur;Sept 2010<http://www.bgr.bund.de/nn_1920686/DE/Themen/Min__rohstoffe/Downloads/laenderbewertung,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/laenderbewertung.pdf
Dies ist eine Fundgrube und geradezu ein Kompendium für die Suche nach Verbindungen der BRD zu Rohstoffproduzenten in der weiten Welt, mit Angabe der Stoffe, des Wertumfanges und der beteiligten Unternehmen und der Abhängigkeiten der BRD von den Rohstoffen, aber auch der Rohstoff-Länder von deren Export – das Einfallstor für Einflußnahme aller Arten – aber ohne imperialistische Chancen für ein einzelnes Land, wie die BRD.
>Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (Österreich); International Organizing Committee forthe World Mining Congress; World mining data; Volume 25 – Minerals Production / Rohstoffproduktion; Wien 2010<http://www.bmwfj.gv.at/energieundbergbau/weltbergbaudaten/Seiten/default.aspx
Ein sehr umfangreiches Kompendim der weltweiten Rohstoffproduktion nach Stoffen, Ländern und Ländergruppen in unterschiedlichen Zusammenstellungen in sotfflichen Größeneinheiten und Entwicklungen seit 1985.
>US Department of the Interior; US Geological Survey; Mineral Commodity Summeries 2010<http://minerals.usgs.gov/minerals/pubs/mcs/2010/mcs2010.pdf
detaillierte Übersicht zur Rohstoffproduktion in den USA; besonders wichtig – Übersicht der Importabhängigkeit bei einer Fülle von (nicht-öl-) Rohstoffen und der Herkunft der Importe!
WTO – World Commodity Profileshttp://www.wto.org/english/res_e/statis_e/world_commodity_profiles09_e.pdf
4 S. kurze Übersicht in Zahlen und Graphiken nach Hauptexporteuren und Importeuren von Agrarstoffen, Öl u Industrie-Rohstoffen und Industrieprodukten 2009 in Dollar und Änderungens seit 2000.
Bei <www.wto.org< viele weitere ausführliche und detaillierte Statistiken zum Thema. 

Donnerstag, 17. März 2016



Wähler verteilen deftige Ohrfeigen

J. Miehe 13.3.16


Auch die Linke im weiteren Sinn hat von den Wählern der AfD eine deftige Ohreige erhalten – wollte sie doch gerade diesen Rechtsruck verhindern.


Der aber hat nun mit und für die auch ökonomisch reaktionäre Partei stattgefunden – Parlamentssitze und Finanzierung – Hoffähigkeit auch durchs Fernsehen, Stärkung der Partei-Organisation und sicher auch Zustrom von Parteimitgliedern und Ermunterung einer großen Wählerschaft!
Was also hat die Konzentration auf Anti-Rechtspropaganda und offensive Unterstützung der verlogenen, und nur vorgeblichen Willkommenspolitik der Regierung und ihrer Parteien gebracht? - 

Die Stärkung des rechten Lagers. 

Statt dass PDL und auch die DKP offensiv die Umsetzung eines breiten Konjunktur- und Sozialprogramms schon am Anfang des Stroms an Zuwanderern propagiert haben, mit dem
  •  Wachstum, 
  • Arbeitsplätze und Lohnerhöhungen erzeugt, 
  • sowie sozialer Wohnungsbau und Ausbau der sozialen Infrastruktur in Angriff genommen – sowie 
  • die Erhöhung des Mindestlohnes, und 
  • Beseitung der Ausnahmen, 
  • Erhöhung der Hartz IV-Sätze, 
  • Abschaffung der Bestrafungen und 
  • des Annahmezwanges 
hätten erreicht werden sollen - stattdessen haben sie auf eine negative Identitätspolitik gesetzt und die Mitmenschlichkeit in eine Gemeinsamkeit der Interessen umgedeutet (DKP: gemeinsam kämpfen, wir lassen uns nicht spalten):Volle staatliche Unterstützung für die Flüchtlinge und politisch-moralische Bekräftigung für die zivilgesellschaftliche "Willkommenskultur" – 
dagegen kein „Kümmern“ um die Sicherung und Verbesserung der schon vorhandenen einheimischen Bevölkerung 
bei Arbeitsplätzen, Löhnen, Schul- und Ausbildungssystem, Wohnungen und sozialen Leistungen.
Damit haben sie der Propaganda von rechts – Deutsche zuerst - Tür und Tor geöffnet.
Wann hat es eine solche Zuwendung und Fürsorge des Staates und der zivilen Unterstützung für die schon vorhandene soziale Unterschicht in der BRD gegeben?

Stattdessen Verhöhnung und Diskriminierung von Hartz IV-Empfängern und auch der schon vorhandenen Migranten. Wobei die willentliche Verarmung von alleinerziehenden Frauen durch die Un-sozialgesetze eine besonders perfide Angelegenheit ist – und eine gesellschaftlich katastrophale dazu – weil die individuellen und sozialen Folgen zerstörerisch und teuer und die ökonomischen Folgen ebenfalls teuer und Sand im Getriebe darstellen.

Diese Politik wurde von einer gewaltigen Propagandawelle getragen und die völlig berechtigten ökonomischen und sozialen Bedenken als dumpfe rechte nationalistische Einstellung gebranntmarkt. 

Die entsprechende politische Lagerbildung wurde von den Parteien der Großen Koalition und von den Grünen, sowie von allen Main-Stream-Medien massiv unterstützt – also allen politischen Kräften, die mit ihrer neoliberalen Wirtschafts- und Sozialpolitik die Verarmung und Schutzlosigkeit von prekär Beschäftigten, von Arbeitslosen und Armen vorangetrieben haben und die Opfer ihrer Politik für ihr erzeugtes Elend noch schuldig gesprochen haben.

Keine fortschrittliche politische Kraft hat die Befürchtungen inhaltlich aufgenommen und in fortschrittliche Forderungen und Programme gegossen. 
Wie kann man sich da wundern, dass dies von der Rechten mit ihren Parolen aufgenommen wurde und von einem Teil der Betroffenen und Wähler dankbar begrüßt wurde? 

Wenn geleugnet wirddass der Zuzug von vielen hunderttausend Flüchtlingen und Migranten 

  • die Konkurrenz am offiziellen und am informellen Markt für Arbeitskräfte nachdrücklich anheizt und damit 
  • die Zahl der Arbeitslosen steigt, 
  • die Löhne gedrückt werden, 
  • die Nachfrage nach den zu wenigen Sozialwohnungen steigt und damit auch 
  • die Mieten, und 
  • dann den höchst wahrscheinlich davon Beeinträchtigten Einwohnern, worunter gerade auch viele schon länger anwesende Migranten gehören, erzählt wird, 
  • sie sollten solidarisch mit den Opfern eines weit entfernten Krieges sein 

– der sollte sich nicht wundern, wenn er bei einem Teil der Wähler eine Reaktion nach Rechts erzielt. 

Zwar hat Flassbeck mit seinem neuesten Kommentar zur volkswirtschaftlichen Dimension der Flüchtlingsfrage Recht, wenn er auf die ProKopf Größen im Promille-Bereich verweist. Aber konkret wirkt das alles eben vor allem nur auf 40 bis 30 % der Bevölkerung und dort auf besonders verwundbare Schichten und Gruppen und wirkt auf die schon jetzt völlig einseitigen ökonomischen, sozialen und auch politischen Kräfteverhältnisse!
Heiner Flassbeck Die eingebildete Flüchtlingsrepublik 14. März 2016
http://www.flassbeck-economics.de/die-eingebildete-fluechtlingsrepublik/

Ein anderes schweres Defizit der linken Kräfte in der Behandlung der Flüchtlingsfrage besteht in dem weitgehenden Schweigen über die Beteiligung der Bundesrepublik und der Bundesregierungen an der Organisierung des terroristischen Stellvertreterkrieges islamistischer Kräfte gegen den säkularen Staat Syrien, 

worauf ich in meinem post vom  9.3.16 schon hingewiesen hatte:
Perthes als Strippenzieher des Krieges in Syrien
Seit 2005 beteiligte sich der deutsche Akademiker Volker Perthes mit der CIA an der Vorbereitung des Krieges gegen Syrien.
Er leitet die große wiss. Beratungseinrichtung der Bundesregierung , die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=2368

Im Original: 
Deutschland und die Uno gegen Syrien
von Thierry Meyssan
http://www.voltairenet.org/article190087.html

Das Linke Lager hätte mit Verweis auf diesen Hintergrund von der Regierung fordern müssen, sofort die Unterstützung des Terrorkrieges der anderen Westmächte und der Paten Türkei und Saudi-Arabien zu unterlassen:

  • Rückzug der militärischen Beteiligung am angeblichen Feldzug gegen ISIS, 
  • Ausstieg aus dem Embargo gegen Syrien, 
  • Ausstieg aus dem Anti-Syrien-Bündnis der „Freunde Syriens“, 
  • Aufgabe der Unterstützung der angeblichen zivilen und säkularen Opposition
  •  auch in der BRD und 
  • Wieder-Aufnahme der diplomatischen Beziehungen, sowie 
  • massive Unterstützung der vielen Millionen Binnenflüchtlinge im Gebiet des noch staatlich kontrollierten und friedlichen Territoriums von Syrien. 

Das wäre das sinnvollste, und das humanitäre Programm für die Eingrenzung der Fluchtbewegungen gewesen und könnte es noch sein. 

Aber da hätte man sich gegen die Dämonisierung von Assad als neuem „Schlächter“ der eigenen Bevölkerung wenden und die Romantisierung der terroristischen islamistischen Gruppen als demokratische Untergrund- und Befreiungskämpfer, vor allem auch durch die Grünen. wenden müssen. 


Und selbst die DKP hat es nicht vermocht, den Hintergrund der Zerstörung von Staatlichkeit und zivilen Verhältnissen in Syrien in den Kontext der vorherigen Aktionen der Zerstörung von Libyen, des Irak, von Afghanistan und den Kriegen gegen den Iran zu stellen, die alle Teile des jahrzehntelangen Feldzuges der USA, Englands und Frankreichs im Nahen Osten zur Kontrolle der Staaten oder ihrer Führungen und der nötigen Transportwege darstellen, um die Aneignung der Renten aus den bis 1980 vollständig verstaatlichten Ölförderung der Nah-Ost-Staaten wieder für die großen Ölkonzerne verfügbar zu machen.
Also die Enthüllung der BRD als Vasall des Öl-Imperialismus der USA, Englands und Frankreichs, also von Exxon u Co, von BP,Shell und Total, gegen die Interessen auch des deutschen Kapitals. (Iran, Irak, Syrien wären schon seit Jahrzehnten gern gute Kunden der Bundesdeutschen Ausrüstungsindustrie geworden!)

Dieser Mangel an materialistischer Analyse und Politik im Interesse der Lohnabhängigen der BRD und der anderen EU-Länder zeigt sich schon seit einiger Zeit in dem scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg der rechten in Europa und besonders der EU. 

JM 

Mittwoch, 16. März 2016

Zur Flüchtlingsfrage – eine Zwischenbilanz

J. Miehe - 6.1.16

Die sog. “Flüchtlingsfrage” ist weiter “Brand”-aktuell. 


A - Wo Flüchtlinge “produziert werden. 

Hier sollen die mittelfristig möglichen oder wahrscheinlichen Entwicklungen des Krieges in und um Syrien erwogen werden und ihre vermutlichen Auswirkungen auf die Verschlimmerung oder Verbesserung der “Produktion” von Flüchtlingen in und um Syrien und deren daraus zu erwartende Situation, sowie die Entwicklung der Fluchtbewegungen, die dann auch nach Mitteleuropa und in die BRD reichen werden. 


Die kurze Frist

Kurzfristiger aber gibt es Vorkommnisse und Ereignisse, die die Nachrichten jeweils aktuell dominieren, deren Folgen für die mittelfristige Perspektive nicht unmittelbar klar sind, und deren Urachen und Zusammenhänge oft eher im Dunkeln bleiben. 


Dazu gehört die Hinrichtung von über 50 schiitischen und sunnitischen Personen durch den Staat Saudi Arabien auf einen Schlag, die der Opposition und der Aufwiegelung gegen die Staatsführung, des Hochverrats, teils seit langem angeklagt und verurteilt waren, darunter ein prominenter schiitischer Geistlicher aus der schiitischen Golf-Region SaudiArabiens. Das war ohne Zweifel eine gegen die Schiiten in der Region und den Iran gerichtete Provokation, deren taktischer oder strategischer Sinn viele Spekulationen in den Medien ausgelöst haben, bisher jedoch unklar bleibt. 


Dazu gehört die Verlagerung eines kleineren Truppenkontingentes mit einigen Panzern in den Norden des Iraks in das Gebiet das von den irakischen Kurden weitgehend selbständig von der irakischen Zentralregierung verwaltet wird, ohne diese Zentralregierung zu fragen. Die Reaktion der Koalition der sog. Freunde Syriens und der Anti- IS Koalition (zu der auch die Türkei gehört), die weitgehend identisch sind und unter Führung der USA stehen, war sehr zurückhaltend, obwohl es ein eklatanter Völkerrechtsbruch ist und ganz sicher nicht der Bekämpfung der IS dient, sondern eher dem Separatismus der irakischen Kurden und der Hoffnung der Türkei, eines Tages die nordirakischen Ölquellen zurückzugewinnen, die mit der Auflösung des Osmanischen Reiches nach dem I Weltkrieg verloren gegangen waren. 
Ebenso gehört dazu die militärische Invasion in einige Gebiete und Städte in denen vorrangig die türkischen Kurden siedeln unter dem Vorwand dort PKK-Guerilleros zu bekämpfen.
Konferenzen.


Es gab einige Konferenzen von unmittelbar oder mittelbar am Krieg um Syrien beteiligter Gruppen und Staaten, die auf die Beteiligung oder Beeinflussung der vom UN-Sicherheitsrat einstimmig beschlossenen Resolution für einen Fahrplan von Verhandlungen und Befriedungsschritten für Syrien zielen. Sie zielen natürlich gleichzeitig auf die Vorkonferenzen, die damit im Zusammenhang stehen, auf die Koalitionsbildungen und auf die damit verbundenen Kriegsziele der verschiedenen Koalitionen. 


Zum einen die von Saudi-Arabien eingeladenen verschiedenen islamistischen Kräfte und sunnitischen Staaten, bei den nur wenige inzwischen international, d.h., auch von den USA mindestens verbal geächtete Gruppierungen ausgeschlossen blieben, wie z.B. der IS. Dann gab es eine Zusammenkunft von sog. gemäßigten bewaffneten oppositionellen Kräften, eine andere von nicht-militärisch handelnden Oppositionellen und eine von syrischen Kurden und ihren Verbündeten. 


Sie alle wollen sich zunächst intern und dann untereinander auf eine Delegation für die durch den UN-Sicherheitsrat anberaumte und unter Vorsitz eines UNO-Beamten für Ende Januar angesetzte innersyrische Konferenz einigen, bei der sie dann alle der jetzigen syrischen Regierung und dem Präsidenten gegenüber sitzen werden – und über eine neue Verfassung und Wahlen bis Anfang nächsten Jahren beraten sollen.


Es ist klar, dass die Oppositionsseite nur dann realistische Angebote an die jetzige Staatsführung machen, d.h. zunächst einen sofortigen Waffenstillstand beschließen kann, wenn ihre regionalen Paten, wie die Türkei und die Golfdiktaturen, sowie Jordanien und Israel das zulassen wollen oder müssen, und das hängt letztlich von der Position der USA und der Einheitlichkeit ihrer Apparate, von Präsident, Armee und CIA und deren Lager ab. Und davon, ob die ausgeschlossenen islamistischen Kräfte, wie der IS, tatsächlich von den Seiten der Konferenzteilnehmer aktiv bekämpft oder zumindest nicht mehr unterstützt werden. 


Gerade dieses, die Position der USA und die der regionalen Terrorpaten sind unklar und wahrscheinlich bisher unentschieden. Von dieser Seite her, also von der durch die Resolution des UN-Sicherheitsrates beschlossenen innersyrische Konferenz ist noch kein Waffenstillstand absehbar – und das heißt, der Krieg wird weiter gehen. 
Seit langem ist es den USA gelungen, die BRD in die diplomatische Front und das Embargo gegen die syrische Regierung hinein zu ziehen. Weniger lange ist es her, dass die BRD als Waffenlieferant und Ausbilder des Nordirakischen separatistischen Kurdenstaates gewonnen wurde – angeblich als Hilfe für den Kampf der Kurden gegen den IS. Praktisch natürlich auch als militärische und diplomatische Hilfe für die Eigenständigkeit eines Kurdenstaates gegenüber dem irakischen, schiitisch dominierten Zentralstaat, der außerdem auch mit der syrischen Regierung verbündet ist. Nun ist es darüber hinaus gelungen, eine militärische Beteiligung der BRD in den Konflikt mit ein paar militärisch überflüssigen also nur symbolischen Beiträgen, wie den Aufklärungs-Tornados, angeblich in die Bekämpfung des IS einzubeziehen. Zwar ist das propagandistisch als das Eingehen auf den Hilferuf Frankreichs auf Basis der EU-Verträge öffentlich begründet worden. Aber Frankreich kann sich natürlich auch nur auf Basis der entsprechenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrates in und über Syrien bewegen, wenn auch ohne Einwilligung der syrischen Regierung, wie auch die BRD, ohne von der syrischen Luftwaffe oder derjenigen Rußlands bedroht oder gar abgeschossen zu werden. 


Diese französische Aktivität ist von dem letzten wirklich drastischen und dramatischen Terroranschlag in Paris ausgelöst worden – der Anschlag auf die Zeitschrift Charly Hebdo reichte dafür anscheinend noch nicht aus. Für die Franzosen reichte der neuerliche Anschlag, um die BRD um militärische Hilfe zu bitten, und für die BRD-Regierung ein Motiv und einen Vorwand zu haben, dem inständigen Drängen der USA zum Mitmachen im Nahen Osten nachzukommen. Damit das nicht so schnell vergessen wird, wurde noch einmal schnell eine Warnung vor einem angeblich konkret geplanten Terroranschlag in München aus den westlichen Geheimdiensten an die BRD lanciert. Woraufhin die Polizeiorgane das bedrohte Publikum wegräumte und sie so vor dem dann nicht stattfindenen Anschlag und den nicht auffindbaren persönlich genannten Attentätern schützte. Die Konsequenz soll jetzt nicht etwa sein, die eigene Informationsbeschaffung zu verbessern und zu intensivieren, sondern die Kontakte zu den Fehl-Informanten, d.h. den westlichen Geheimdiensten, noch zu verstärken – und sich ihnen faktisch auszuliefern. 
Der Abschuß des russischen Frontbombers durch türkische F-16 Jagdflugzeuge, hat sich als eine länger geplante und gezielte Provokations-Operation erwiesen die nur unter stillschweigender Mithilfe von US-Militär- oder Geheimdienstorganen stattfinden konnte . Die Provokation sollte zumindest die sich anbahnende Zusammenarbeit von US- und russischem Militär bei der Bekämpfung des IS verhindern. Das ist gelungen. Ob sie auch, wirklich brandgefährlich, einen militärischen Schlagabtausch zwischen russischen Kräften und der Türkei und damit evt ein Eingreifen der Nato provozieren sollte, bleibt bisher ungeklärt, ist aber wohl nicht gelungen. Andererseits hat es aber die militär-diplomatische Situation umgekehrt. Das überwältigende Übergewicht der Anti-syrischen Flieger- und Luftabwehrkräfte der USA, der Türkei und der Nato in dem Gebiet um Syrien, konnte bisher aus diplomatischen Gründen nicht gegen das kleine russische Expeditionscorps im Sinne einer Flugverbotszone eingesetzt werden, weil dieses auf Einladung und mit Zustimmung der syrischen Regierung tätig geworden ist – während alle anderen nicht-syrischen Fliegerkräfte dort völkerrechtswidrig tätig sind. So blieb daher die Aufstellung der Patriot-Batterien, darunter auch eine der Bundeswehr in der Türkei, nur eine potentielle Bedrohung der russischen und syrischen Fliegerkräfte. Nun hat die schnelle Reaktion Russlands mit der Aufstellung der S 400 Abwehrraketen und des Raketenkreuzers vor der Küste, mit der offenen Androhung, jede als Angriff interpretierbare feindliche Flugbewegung gegen russische Flieger mit sofortigem automatischem Raketenbeschuss zu beantworten, dazu geführt, dass Rußland mit seinem Raketenschirm über Syrien faktisch eine Flugverbotszone über Syrien errichtet hat, die nur mit ausdrücklicher Anmeldung und Gestattung durch russisches Militär beflogen werden darf und kann. Die Provokation durch den Abschuss der russischen Frontbomber ist also nach hinten losgegangen. 


Der plötzlich, vermeintlich ohne Vorwarnung, über Griechenland, den Balkan, Österreich in die BRD strömende Flüchtlingstreck trieb die BRD erstaunlicher Weise nicht aus der Nah-Ost Koalition der USA hinaus, und in eine neutralere Position, sondern umgekehrt diente er als Bekräftigung für die verstärkte Teilnahme an dem vermeintlichen Anti-Terrorbündnis der USA im Nahen Osten – d.h., praktisch der Verlängerung des Krieges gegen den syrischen Staat und damit der Verlängerung der weiteren Produktion von Flüchtlingen. 


Die mittlere Frist

Bisher können und wollen Flüchtlinge aus Syrien, ob aus der Binnenmigration, aus den Lagern in den Syrien umgebenden Staaten oder aus den provisorischen Aufenthalten in Mittel- und Nordeuropa nicht in ihre Heimatorte zurückkehren – vielmehr treibt der andauernde Krieg in und um Syrien weitere Flüchtlinge in die Welt, vor allem nach Mitteleuropa und hier in die BRD.
Der Krieg gegen Syriens Staatlichkeit ist nicht beendet und ein Friedensprozess steht bisher nur auf dem einstimmig verabschiedeten Resolutions-Papier des UN-Sicherheitsrates – bei grundlegend gegensätzlichen Interessen der Beteiligten innerhalb und außerhalb Syriens, dem Nahen Osten und des “Westens”. 


Einstweilen wird also weiter gekämpft. Wobei die durch die syrische Armee von Terrormilizen befreiten und befriedeten Zonen größer werden und langsam wieder ein zusammenhängendes Gebiet zwischen Mittelmeer, Libanon und Israel im Westen und der Wüste im Osten entstehen lassen. 


Die früher Millionen Einwohner umfassende Stadt Homs und die früher über 500 Tausend Einwohner zählende Stadt Hama sind inzwischen wieder weitgehend unter Kontrolle der syrischen Armee. Die offiziell 2,8 Millionen zählende Region von Damaskus, Sitz der Regierung und der Staatsführung, mit wahrscheinlich vielen Hunderttausenden, wenn nicht Millionen mehr Inlands-Flüchtlingen,  war nicht unter die Kontrolle der Terrormilizen geraten. Aber der Mörserbeschuss aus einigen Vierteln der Außenbezirke konnte bisher nicht vollständig unterbunden werden, weil sich die Milizen in Ruinen und im städtischen Untergrund verschanzt hatten. Diese Außenbezirke werden anscheinend gerade zurück erobert, wobei einige wichtige Führungskader der Terrormilizen getötet wurden. Aber die Beschädigung der Energieversorgung zwingt anscheinend weiter zu regelmäßigen und längeren Stromabschaltungen – eine für die Aufrechterhaltung der öffentlichen und privaten Dienste, aber auch für die materielle Produktion sehr störende Situation.


Von den Großstädten ist nur noch Aleppo, vor der Eroberung durch die Terrormilizen mit 2,8 Millionen Einwohnern in der Stadtregion, unter weitgehende Kontrolle der islamistischen Opposition geraten. Dies unter u.a. deshalb, weil sie im Norden und Westen von der Türkei “umrahmt”ist, und die von dieser unterstützten Terrorgruppen die Stadt nicht nur dort, sondern auch im Osten und Süden eingekreist hatten. Während es in Aleppo vor der Eroberung durch die Islamisten große Unterstützungsdemonstrationen für die Regierung und den Präsidenten gegeben hatte, ist der größte Teil der Einwohner nach der Eroberung schon seit Jahren geflohen. 
Wenn es gelingen sollte, auch Aleppo durch die syrische Armee zurück zu erobern, mit Hilfe des russischen Luftwaffeneinsatzes vor allem vom syrischen Militärflugplatz in der Region Latakia aus, dann wäre die Möglichkeit eröffnet, dass bei militärischem Schutz nicht nur in Aleppo wieder eine Zivilverwaltung eingerichtet werden und mit einer entsprechenden Finanzierung ein Wiederaufbauprogramm beginnen könnte – parallel zu den vom UN-Sicherheitsrat auferlegten innersyrischen Verhandlungen und vor allem der Aufhebung der weitreichenden Wirtschaftsblockade durch die sog. “Freunde Syriens” des “Westens”.


Ob die nördlichen Regionen Syriens, die vorrangig von syrischen Kurden, mittlerweile mit gesicherter syrischer Staatsbürgerschaft, sich an einem solchen Aushandlungsprozess beteiligen, ist unklar. Die bisherige Unterstützung durch die USA, kann sehr schnell einem neuen Accord mit der Führung der Türkei, von Erdogan und der AKP geopfert werden. Ob Bevölkerungsvertreter aus den östlichen Teilen Syriens, die weitgehend aus Wüste und wenigen mittleren Ansiedlungen an Flußoasen bestehen, schon von Beginn an oder überhaupt an den genannten innersyrischen Verhandlungen teilnehmen können, ist völlig offen. Das hängt unter anderem von der Rückeroberung der westlichen Teile des Irak durch die irakische Armee aus den Händen des IS ab. Und dies hängt wiederum davon ab, ob die schiitische Zentralregierung eine Vereinbarung mit den sunnitischen Stämmen des West-Irak findet.


Innere Voraussetzung für Befriedung, Aufbau und Rückwanderung bisheriger Flüchtlinge wäre, dass es gelingt, die zivilen Oppositionskräfte von den Terrormilizen zu trennen und sie in einen wirklich innersyrischen Aushandlungsprozess einzubinden. Wichtigste äußere Voraussetzung wäre, dass die USA und ihre westlichen Verbündeten, jetzt offiziell für Syrien auch die BRD mit der Bundeswehr, ihre Unterstützung der Terrormilizen mit militärischem Gerät, mit Geheimdienstoperationen und mit Finanzen einstellen und ihre bisherige Vorbedingung von Verhandlungen, die faktische Kapitulation der bisherigen Regierung und des Präsidenten Assad, fallen lassen. Wobei es bisher keine Garantie gibt, dass die Verbündeten der USA im Nahen Osten, allen voran die Türkei und Saudi-Arabien, sowie die anderen absolutistischen Fürstentümer, eine solche Politik der USA nicht unterlaufen würden. Bisher ist aber auch die Haltung der USA gegenüber den Terrormilizen, auch dem IS, mehr als doppelbödig, bestenfalls unklar. Dagegen sieht die Türkei ganz offensichtlich den IS als ihren verlängerten Arm für ihre neo-osmanische Expansionspolitik an – die verständlicherweise das syrische und vor allem das nordirakische Öl für die eigene Versorgung und die eigenen Geschäfte vereinnahmen will. 


Außerdem bombardiert und beschießt und besetzt das Erdogan-Regime, unter lautem Schweigen der Atlantischen Menschenrechtler mal wieder einige kurdische Städte im Osten des eigenen Staatsterritoriums, unter dem Vorwand die PKK zu bekämpfen. Tatsächlich aber sollte durch die Verschärfung der militärischen Unterdrückung und ethnischen Diskriminierung der Kurden in ihrer Region, erst der kürzliche Verlust der absoluten Mehrheit im Parlament in der erneuten Wahl rückgängig gemacht werden - was gelungen ist. Jetzt geht es dem Regime darum, die kurdisch gefärbte linksdemokratische Partei HDP zu isolieren und klein zu kriegen.


Die Rolle SaudiArabiens bleibt undurchsichtig. Einerseits behaupten alle Saudi- und USA-Kritischen Medien, vor allem im Internet, dass der Saudi-Staat den IS aus ideologischen Gründen massiv unterstütze. Vermutlich ist jedenfalls zutreffend, dass aus Kreisen islamischer Institutionen und reicher Privatpersonen eine starke Unterstützung des IS, evt auch anderer islamistischer Gruppierungen stattfindet. Andererseits kann sich der IS anscheinend aus Ölverkäufen und Besteuerungen der eroberten Bevölkerungen selber finanzieren. Saudi-Arabien wiederum kann als Staat eigentlich kein Interesse haben, in der Region den USA, ihrem Militär und ihren Konzernen ganz allein und direkt gegenüber zu stehen. Denn das Hauptziel der schmutzigen Interventionskriege und Regimechanges im Nahen Osten. Durch die USA ist die Reprivatisierung des Saudi-Öls zugunsten der westl. Ölkonzerne, ist nach wie vor der Hauptgewinn (11 Billionen $ Reserven bei 50 $/Barrel).


Die Rolle der verstaatlichten Ölreserven und ihrer Förderung im Nahen Osten und der Interessen der westlichen Ölkonzerne und deren Unterstützung durch ihre Staaten, also USA, England und Frankreich kann hier aus Platzgründen nicht ökonomisch begründet dargelegt, sondern muß gesondert behandelt werden. 
Wenn sich die Bundesregierung rational verhalten würde, d.h. entlang eigener staatlicher, also nicht vor allem aufgrund fremder Interessen, die moralisch verbrämt werden, und das bedeutet den Zustrom an Flüchtlingen gerade auch aus Syrien drosseln wollte, oder darauf setzen würde, dass möglichst viele der Geflohenen möglichst bald wieder nach Syrien zurückkehren wollten, dann gäbe es gegenüber der jetzigen Politik einige, wenn auch schwache Möglichkeiten:



  • 1. Beendigung des Embargos von Seiten der BRD, um lebenswichtige Importe nach Syrien überhaupt zu ermöglichen oder billiger zu machen. 
  • 2. Erhöhung des Eigenbeitrags für die Finanzierung der UNO-Flüchtlingcamps in und um Syrien herum und Einsatz dafür, dass andere Länder ihrer Verpflichtung mindestens nachkommen, wenn nicht ebenso erhöhen. 
  • 3. Dafür sorgen, dass in den Camps die Bedingungen für den Aufenthalt tatsächlich verbessert würden. Das betrifft die gesundheitliche und soziale Versorgung, Arbeitsmöglichkeiten für Erwachsene, sowie Schul- und Berufsausbildung für Kinder und junge Menschen. 
  • 4. Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zur legalen Regierung in Damaskus, um einen vorübergehenden Aufenthalt von Flüchtlingen in befriedeten Zonen durch Finanzhilfen zu erleichtern; oder die Rückkehr von Flüchtlingen aus Lagern oder privaten Aufnahmen in zerstörte Häuser und Wohnungen durch Wiederaufbau zu finanzieren. 
  • 5. Einrichtung von Anlaufstellen, um Anträge zu stellen und zu bescheiden: auf vorübergehenden Aufenthalt in der BRD für die Dauer von Kriegshandlungen oder der dortigen Nichtverfügbarkeit von Wohnraum und Unterhaltsmitteln und die Erlangung einer normalen Transportmöglichkeit in die BRD mit der ausdrücklichen Perspektive der Rückkehr.
  • 6. Einflußnahme auf die Bündnispartner, evt. zusammen mit anderen Regierungen, um schnellstens einen Waffenstillstand in Syrien und die Errichtung einer zivilen Verwaltung, wo sie nicht mehr vorhanden ist, zu erreichen. 
  • 7. Hilfe und Finanzierung erster Wiederaufbauprojekte für Wohnungen, Infrastruktur, Erwerbsmöglichkeiten, sozialer und Bildungseinrichtungen in den befriedeten Gebieten Syriens.



Das Meiste davon würde den Unwillen der USA und anderer Bündnispartner erregen oder sogar nur gegen deren ernsten Widerstand möglich werden. U.a. deshalb, weil dies nicht nur die Anerkennung der jetzigen Regierung Syriens, sondern sogar eine Zusammenarbeit erforderlich machte. Allerdings bräuchte dies keine Präjudizierung der Stellung der BRD zu einer aus einem Friedensprozess hervorgehenden neuen Regierung zu sein. 


Die Bundesregierung tut nichts von alledem, nicht einmal die Punkte 2 und 3, die ohne Bündnisärger machbar wären. Vielmehr versucht sie durch die Beteiligung an einer 3 Mrd. Zahlung an das Erdogan-Regime zu erreichen, dass dieses schon vorhandene Flüchtlinge aus Syrien und Ausreisewillige sowie neu hinzukommende festhält. Dieses, obschon klar ist, dass gerade Erdogan den Regimechange in Syrien seit langem mit eigenen völkerrechtswiderigen Mitteln massiv unterstützt und damit die Flüchtlinge produziert, die er jetzt festhalten soll. Und abgesehen auch davon, dass die Regierung der Türkei gegen die eigenen Staatsbürger im kurdischen Osten militärisch vorgeht. 


B - Wo Flüchtlinge ankommen und “behandelt” werden 

Die medial kleingehaltenen Brandanschläge gegen noch leerstehende Flüchtlingsunterkünfte, der Höhenflug der AfD und “vorsichtige” verbale Ausflüge von CSU und CDU-Exponenten für die Eindämmung der Flüchtlingsflut einerseits – sowie die Klagen von Gemeinde- und Stadtvertretern aller Couleur von Ministerpräsidenten einiger Länder, von Vertretern von Hilfsverbänden, die Dauerbelegungen von allerlei hallenartigen Unterkünften andererseits, viele Turnhallen darunter, die weder von Sportvereinen noch von Schulen benutzt werden können und die entsprechenden Klagen andererseits, zeigen, dass die Mühen der Ebenen der Integration jetzt erst richtig beginnen. Wobei der Zugang von weiteren Flüchtlingen mit mehreren Tausend Flüchtlingen pro Tag über die griechischen Inseln in die BRD bisher nicht aufgehört hat. 


Ein wichtiges Feld, das neben der Unterbringung und Versorgung besonders schnell in Angriff genommen werden konnte, ist die Einrichtung von Deutschkursen für schulpflichtige Kinder. Glücklicherweise ist dies auch ein Grundstein für eine langfristige Integration der Neuankömmlinge, die wohl meist auch künftige Mitbürger werden. Ebenso wichtig wäre es aber, dass die Kinder von Asylsuchenden und Asylhabenden in ihrer Muttersprache unterrichtet werden, damit sie bei evt. Rückkehr nicht als heimische Analphabeten aus Deutschland aufwachsen müssen.


Die kürzlichen Nachrichten und Stellungnahmen aus dem Bildungsbereich zeigen positive Seiten aber auch die kommenden enormen Schwierigkeiten.


Die Welt am Sonntag skizzierte Zahlen über die Integration der Flüchtlingskinder in die Schulen, u.a. durch gesonderte Deutschkurse: 
“Für Flüchtlinge fehlen mehr als 10.000 Deutschlehrer. Erstmals gibt es umfassende Zahlen zu den "Willkommensklassen". Schon mehr als 8500 Lehrer wurden zusätzlich eingestellt. Und es dürften noch mehr werden – denn der Bedarf ist längst nicht gedeckt. 
Als Reaktion auf die Zuwanderung Hunderttausender schulpflichtiger Kinder haben die Bundesländer bisher mindestens 8264 spezielle Deutschlernklassen eingerichtet.
Rund 196.000 Schüler besuchen diese Klassen, in denen die deutsche Sprache gelehrt wird. 
Die tatsächliche Zahl von Flüchtlingen an den Schulen dürfte noch höher liegen, da sie nach dem Übergang in die Regelklassen nicht mehr gesondert erfasst werden. …
Die KMK bilanziert die Zahl der schulpflichtigen Kinder für das Jahr 2015 mit rund 325.000. Der Vorsitzende des Deutsc+hen Philologenverbandes… "Die zusätzlichen und für 2016 geplanten Lehrerstellen reichen nicht einmal für die bereits in Deutschland befindlichen Flüchtlingskinder", sagt Heinz-Peter Meidinger. Gebraucht würden 20.000 und nicht nur 8500 zusätzliche Lehrkräfte. "Spätestens im Sommer nächsten Jahres, wenn alle der Schulpflicht unterliegen, wird sich diese Lücke schmerzhaft bemerkbar machen."


"Für Schulen und Kultusverwaltungen hat es so eine Herausforderung noch nie gegeben. In dieser Situation müssen wir flexibel auf die sich ständig ändernden Bedingungen reagieren", sagte die noch bis 1. Januar amtierende Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Sachsens Ressortchefin Brunhild Kurth (CDU), der Zeitung. Die Schulen stünden jedoch nicht vor dem Kollaps. Anlass für Pessimismus und Hysterie bestehe nicht. Aber: "Wir sollten akzeptieren, dass die Ausnahmesituation für eine lange Zeit Normalzustand sein wird."
http://www.welt.de/politik/deutschland/article150340364/Fuer-Fluechtlinge-fehlen-mehr-als-10-000-Deutschlehrer.html


Spiegel online möchte dagegen mehr das Positive in der Vordergrund rücken und titelt am 7.12.15:
Flüchtlingskinder: Schulen gründen mehr als 8200 Deutschklassen
Die Integration von Flüchtlingskindern ist in vollem Gange: 
Mehr als 8200 spezielle Sprachklassen haben die Bundesländer bereits eingerichtet und 8500 Lehrer eingestellt - immer noch viel zu wenig.
http://www.spiegel.de/schulspiegel/fluechtlinge-mehr-als-8200-spezielle-deutsch-klassen-geschaffen-a-1069589.html


Der Deutschlandfunk berichtet aktuell - Flüchtlinge: 
DGB fordert staatliches Ausbildungsprogramm
Immer mehr Unternehmen in Bayern bieten Flüchtlingen Praktika oder einen Ausbildungsplatz an. 
Praktikum für Flüchtlinge bei einem Unternehmen. 
Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert ein staatliches Programm, um jungen Flüchtlingen den Weg in eine Berufsausbildung zu erleichtern.
Man brauche ein Bund-Länder-Programm für außerbetriebliche Ausbildung in Regionen, in denen der Ausbildungsmarkt besonders angespannt sei, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Hannack dem "Handelsblatt". Zudem müsse bereits 2016 auch die assistierte Ausbildung besser an die Bedürfnisse der Geflüchteten angepasst werden. Bei der assistierten Ausbildung hilft ein Bildungsträger dem Lehrling und dem Betrieb - etwa durch Beratung und Nachhilfe. 
Unter den bislang rund 425.000 Asylbewerbern sind nach Angaben der Zeitung gut 120.000 Menschen zwischen 16 und 25 Jahren.
http://www.deutschlandfunk.de/fluechtlinge-dgb-fordert-staatliches-ausbildungsprogramm.447.de.html?drn:news_id=562957


Die Wohnungsverhältnisse der Flüchtlinge sind, einerseits aufgrund der großen Zahl kurzfristig Angekommener, aber auch aufgrund der Klärung und Regelung der Aufenthaltsberechtigung ein besonders schwieriges aber dringliches Problem. 


Ein im Internet veröffentlichtes Merkblatt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingen (BAMF) zum Asylverfahren läßt deutlich werden, dass es erst am Abschluß des Asylantrags-Verfahrens einen rechtlichen Aufenthaltsstatus gibt – nämlich die Aufenthalts-Gestattung – die für die Zeit der Durchführung des eigentlichen Asylverfahrens gilt. Zwischen der Absichtsbekundung eines “Flüchtlings” bei einer Behörde, z.B. beim Grenzüb+++ertritt, einen Asylantrag stellen zu wollen und dem Antragsverfahren selbst, wird der potentielle Antragsteller behördlich der nächstgelegenen Erstaufnahmeeinrichtung zugeordnet, die für die Durchführung des Antragsverfahrens zuständig ist. Diese Behörde ermittelt außerdem, die für die Unterbringung zuständige Aufnahmeeinrichtung. Der Erstaufnahmeeinrichtung ist eine Außenstelle des BAMF zugeordnet, die für die Stellung und Durchführung des Asyl-Antragsverfahrens zuständig ist, bei der also der Asylantrag persönlich zu stellen ist. Die für die Unterbringung zuständige Aufnahmeeinrichtung soll den Bewerber Unterkunft und Unterhalt, also u.a. tägliche Lebensmittel in Gemeinschaftsverpflegung gewähren. 

http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Aufgaben/Asylverfahren/asylverfahren-node.html;jsessionid=0D8C142A78194FB5109CAFD65AD607CD.1_cid294


Für die Frage der Art der Unterkunft und Verpflegung sowie die Verpflichtung von Behörden, dieses zu gewährleisten gilt Folgendes: 
(Auszug aus: Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland - von Kay Wendel):
“3. Typen der Aufnahme und Unterbringung
Flüchtlinge sind Objekte der Verwaltung. Bei der Wahl des Wohnsitzes und der Unterbringungsform haben sie kein Mitspracherecht. Ihre Aufnahme, Verteilung, Zuweisung und Unterbringung richtet sich allein nach verwaltungsorganisatorischen Erfordernissen, die sich am föderalen Verwaltungsaufbau der Bundesrepublik orientieren. Beteiligt sind der Bund, die Innen- und Sozialministerien der Bundesländer, die kommunalen Gebietskörperschaften wie Landkreise und kreisfreien Städte sowie die Kommunen, in Bayern zudem noch die Regierungsbezirke als mittlere Verwaltungsbehörden.”
15.9.15
http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2015/09/zur-akuten-fluechtlings-frage-in-der-brd/


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